Rückenwind für Merz in Debatte über Unions-Kanzlerkandidatur

Merz bringt sich als potenzieller Kandidat für die Kanzlerkandidatur
der Union in Stellung. Zwar stelle sich heute die Frage nicht, aber
er fühle sich ermutigt, antwortete er auf eine entsprechende Frage
aus dem Publikum bei einer Podiumsdiskussion in Passau.

Berlin (dpa) - Die Debatte über die Unions-Kanzlerkandidatur nimmt
wieder an Fahrt auf. Einer Infratest Dimap-Umfrage zufolge trauen
nicht nur die Unions-Anhänger, sondern auch die Bundesbürger
insgesamt dem früheren CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz am
ehesten die Kandidatur zu. In der Umfrage für den
ARD-Deutschlandtrend schnitt CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer
bei allen Bürgern am schlechtesten ab. Merz äußerte sich zu seinen
eigenen Ambitionen indirekt. Bei einer Podiumsdiskussion in Passau
sagte der Sauerländer am Donnerstag laut «Passauer Neuen Presse» auf

die Frage aus dem Publikum, ob er selbst Kanzlerkandidat werden
wolle: «Die Frage steht heute nicht an.» Er fügte aber hinzu: «Ich

fühle mich ermutigt.»

Allerdings sind diejenigen Bundesbürger, die Merz für keinen guten
Kanzlerkandidaten halten, mit 43 Prozent sogar leicht vorn - denn nur
42 Prozent sagen, Merz sei dafür gut geeignet. Kramp-Karrenbauer
findet bei den Befragten aber die geringste Zustimmung: Nur 19
Prozent halten sie für eine gute Kanzlerkandidatin. Fast drei Viertel
(74 Prozent) sind der Meinung, die Verteidigungsministerin wäre keine
gute Kanzlerkandidatin.

Bayerns Ministerpräsident, der CSU-Vorsitzende Markus Söder, wäre
nach Meinung von 29 Prozent ein guter Kanzlerkandidat, wie aus der
Umfrage hervorgeht. 53 Prozent der Befragten sind gegenteiliger
Meinung. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn halten 27 Prozent für
einen guten Kanzlerkandidaten. 60 Prozent der Befragten finden, er
sei kein guter Kandidat. Den nordrhein-westfälischen
Ministerpräsidenten Armin Laschet halten 23 Prozent für einen guten
Kanzlerkandidaten. 45 Prozent tun das nicht.

Betrachtet man nur die Meinungen der Unions-Anhänger, liegt der
Umfrage zufolge ebenfalls Merz an der Spitze. 50 Prozent sagen, er
wäre ein guter Kanzlerkandidat. Es folgt Markus Söder mit 35 Prozent
vor Jens Spahn und Annegret Kramp-Karrenbauer mit je 31 Prozent.
Laschet trauen 29 Prozent der CDU/CSU-Anhänger zu, ein guter
Kanzlerkandidat zu sein.

Merz sagte bei der Podiumsdiskussion in Passau, auch ein
Sonderparteitag könne über die Kanzlerkandidatur entscheiden.
Zugleich wies er Spekulationen zurück, er säge am Stuhl von
Kramp-Karrenbauer und plane auf dem CDU-Parteitag Ende des Monats
einen Putsch. Das sei «einfach Unsinn», sagte Merz. «Es sind Gerüch
te
ohne jede Substanz.» Er fügte hinzu: «Die CDU stürzt ihre
Vorsitzenden nicht.» Er selbst nehme nur als Delegierter der CDU des
Hochsauerlandkreises an dem Bundesparteitag teil, werde sich aber an
der Diskussion aktiv beteiligen.

Im Interview mit der Nachrichtenseite n-tv.de sprach er sich zudem
erstmals klar gegen eine Urwahl zur Kanzlerkandidatur der Union aus.
«Urwahlen sind für uns kein geeignetes Instrument bei
Personalentscheidungen.» Er stellte sich damit gegen die Junge Union,
die einen entsprechenden Antrag auf dem Parteitag in Leipzig
einbringen will.

Allerdings halte er ein Verfahren wie das von 2018 zur Wahl des
Parteivorsitzes über Regionalkonferenzen mit abschließendem
Parteitagsbeschluss für das Beste. «Daran sollten wir auch wieder
anknüpfen.» Nur so bleibe die CDU Volkspartei. «Und deshalb ist das
letzte Jahr für mich auch ein Modell für die Zukunft, bei wichtigen
Sachfragen und auch bei zukünftigen Personalentscheidungen.» Ein
solches Verfahren böte ihm ebenfalls die Möglichkeit, in das Rennen
um die Kanzlerkandidatur einzusteigen.

Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts
Kantar Emnid für das Nachrichtenmagazin «Focus» ist eine Mehrheit der

Deutschen dafür, dass die Grünen bei der nächsten Bundestagswahl mit

einem eigenen Kanzlerkandidaten antreten. Demnach befürworten 53
Prozent, dass die Grünen einen Kanzlerkandidaten oder eine
Kanzlerkandidatin aufstellen. 37 Prozent sind dagegen, zehn Prozent
haben dazu keine Meinung. Den größten Zuspruch gibt es von Anhängern

der Grünen. Demnach sind 86 Prozent der Grünen-Wähler für einen
Kanzlerkandidaten ihrer Partei, zehn Prozent lehnen das ab.