Drogenbeauftragte verlangt umfassendes Werbeverbot fürs Rauchen Von Sascha Meyer, dpa

Nicht nur illegale Substanzen wie Kokain und Heroin kosten immer noch
viele Menschen das Leben. Auch Alltagsdrogen haben gravierende Folgen
für Millionen Bürger. Können schärfere Reklame-Beschränkungen hel
fen?

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen gesundheitsschädliches Rauchen will die
neue Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig keine Werbe-Schlupflöcher
für Elektro-Zigaretten lassen. «Die E-Zigarette ist kein
Wellnessprodukt», warnte die CSU-Politikerin am Dienstag in Berlin.
Sie verlangt daher ein umfassendes Reklame-Verbot, über das die große
Koalition seit Monaten verhandelt - vor allem zum Schutz von
Jugendlichen, bei denen neue Produkte zum «Dampfen» im Kommen sind.
Mit Blick auf mögliche neue Strategien im Umgang mit Cannabis will
Ludwig einen «offenen Dialog», legte sich aber vorerst nicht fest.

Vor allem Rauchen und übermäßiges Alkoholtrinken richten immer noch
massive Gesundheitsschäden an, wie der von Ludwig vorgestellte neue
Drogen- und Suchtbericht ergab - auch wenn der Konsum insgesamt
zurückgeht. Ein Überblick über wichtige Suchtbereiche:

RAUCHEN: Bei Tabak seien «gute Entwicklungen» zu sehen, erläuterte
Ludwig, die seit September Drogenbeauftragte ist. «Rauchen wird
langsam wirklich out.» So ging der Anteil rauchender Jugendlicher in
den vergangenen 10 bis 15 Jahren um zwei Drittel zurück, wie es im
Bericht heißt. Dafür steige der Konsum von E-Zigaretten gerade bei
jungen Leuten klar an. «Diesen Trend gilt es zu stoppen», sagte
Ludwig. Jegliche Langzeitstudien zu Gesundheitsauswirkungen fehlten.

Daher sei es wichtig, dass die Koalition beim geplanten Werbeverbot
den Sack zumache, «und zwar komplett», forderte die Beauftragte. Bei
einem «halben Schritt» nur für herkömmliche Zigaretten und Erhitzer

würde es an Treffpunkten wie Bushaltestellen und im Internet künftig
nur noch Werbung für E-Zigaretten geben. «Das will ich nicht.»

In die lange festgefahrene Debatte ist Bewegung gekommen, seit die
Union ihren generellen Widerstand aufgegeben hat. Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) hat sich für ein Verbot ausgesprochen und «eine Haltung»

dazu bis Jahresende in Aussicht gestellt. In der vorigen Wahlperiode
war ein Anlauf gescheitert. Nun geht es darum, Beschränkungen auf
Außenwerbung und Kinos auszuweiten. Offen ist, ob nur für klassische
Tabakprodukte - die SPD will das auch für E-Zigaretten durchsetzen.

CANNABIS: Beim Reizthema Cannabis will Ludwig endlich ein Ende
«ideologischer Debatten» und stattdessen mit Vertretern aller
unterschiedlichen Positionen ins Gespräch kommen, wie sie sagte. Die
einen seien für die volle Härte des Gesetzes, die anderen für eine
Legalisierung. «Aber ganz so einfach wird es nicht sein.» Daher
strebe sie einen «offenen Dialog» an. Das sei nur sinnvoll wenn man
nicht von vornherein auf ein Ergebnis festgelegt sei. Dabei gehe es
auch darum, junge Leute besser mit Vorbeugung und Aufklärung zu
erreichen. Schon einmal Cannabis konsumiert haben laut Drogenbericht
19 Prozent der Jugendlichen und 42,5 Prozent der 18- bis 25-Jährigen.

ALKOHOL: Auch bei übermäßigen Alkoholtrinken gebe es einen positiven

Trend nach unten, erläuterte Ludwig. Sie wies aber darauf hin, dass
drei Millionen Kinder in Familien aufwachsen, in denen mindestens ein
Elternteil alkoholabhängig ist. Den Kindern drohe dann ein höheres
Risiko, dass es ihnen später selbst so gehen kann. Für sie müssten
bessere Hilfen angeboten werden, betonte Ludwig. Vorschläge dafür
wolle eine Arbeitsgruppe mehrerer Ministerien in Kürze vorlegen. Laut
Drogenbericht richtet übermäßiger Alkoholkonsum steigende Schäden f
ür
die Volkswirtschaft an - im vergangenen Jahr von 57 Milliarden Euro,
etwa durch Krankheitskosten, Todesfälle und Arbeitsunfähigkeit.

ILLEGALE DROGEN: Bei illegalen Substanzen wie Heroin und Kokain gebe
es eine fast stabile Entwicklung, erläuterte Ludwig. So stieg die
Zahl der Drogentoten im vergangenen Jahr leicht auf 1276 Menschen,
wie bereits zuvor mitgeteilt worden war. Das waren vier Tote mehr als
2017. Hauptursache sind dabei weiterhin Vergiftungen durch Opioide.
Die Beauftragte wandte sich strikt gegen Stimmen, auch für Heroin
oder Kokain eine Eigenbedarfsregelung zu schaffen - also, dass bei
kleinen Mengen keine Strafverfolgung droht. «Das ist blanker Unsinn.»
Ein «ganz wichtiger Baustein» seien Behandlungen mit Ersatzstoffen
(Substitution). Die dürften aber nicht auf Ballungsräume beschränkt
bleiben, sondern müssten tatsächlich flächendeckend ausgebaut werden.