Mordprozess um Leonie dauert länger: Urteil im Januar geplant Von Winfried Wagner, dpa

Am 12. Januar stirbt eine Sechsjährige in der Wohnung der Familie.
Dem Stiefvater wird Mord vorgeworfen, aber seine Geschwister und der
Vater halten das nicht für möglich. Ein Urteil soll nun im Januar
2020 fallen.

Neubrandenburg (dpa/mv) - Der Prozess um den gewaltsamen Tod der
sechsjährigen Leonie aus Torgelow (Vorpommern-Greifswald) verlängert
sich um mindestens zwei Monate. Wie Richter Jochen Unterlöhner am
Montag am Landgericht Neubrandenburg sagte, soll die Mutter des
Mädchens noch mindestens zweimal als Zeugin gehört werden - ohne
Öffentlichkeit. So sei frühestens Anfang Januar mit dem
Hauptgutachten der Gerichtsmedizinerin und dem Bericht des
Psychiaters zu rechnen, der die Schuldfähigkeit des Angeklagten
beurteilen soll. Auch der angeklagte Stiefvater will noch eine
Aussage machen. Ein Urteil wäre dann Mitte Januar möglich, meinte
Unterlöhner. Ursprünglich hatte der Mordprozess Ende November zu Ende
gehen sollen.

Leonie war am 12. Januar tot in der Wohnung der Mutter und des
Stiefvaters in Torgelow gefunden worden. Rechtsmediziner stellten bei
dem Kind eine Vielzahl an Verletzungen fest, die von schweren
Misshandlungen herrühren sollen. Dem Stiefvater wird deshalb Mord
durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen.
Laut Anklage hat der Mann das Mädchen so misshandelt, dass es infolge
der Verletzungen starb. Er hatte bei der Polizei aber von einem
Treppensturz Leonies im Hausflur gesprochen.

Ungeklärt ist aber bisher, warum die Rettungskräfte erst viereinhalb
Stunden nach dem angeblichen Sturz gerufen worden waren. Auch gegen
die Mutter wird noch ermittelt, weil sie nicht eher Hilfe geholt
haben soll.

Mehrere Angehörige des Angeklagten berichteten am Montag vor Gericht,
dass der 28-Jährige zwar ein aufbrausender und «lauter Typ» sei. Aber

keiner könne sich vorstellen, dass er ein Kind schlägt. Außerdem
wurden am Montag erste Details der Flucht des 28-Jährigen im Januar
bekannt. So hatte der Torgelower nach einer Flucht bei einer
Vernehmung am 14. Januar aus dem Polizeigebäude in Pasewalk Hilfe von
Geschwistern und seinem Vater, der ihn ein Stück mit dem Auto
wegfuhr.

Er war in Torgelow bei einer Schwester und später in Groß Luckow im
Umfeld von Pasewalk. «Er stand morgens vor meiner Tür, ich habe noch
die Kinder zur Kita gebracht und dann haben wir miteinander geredet»,
sagte eine 27-Jährige als Zeugin. Er habe gekniet und gesagt, «dass
er nichts gemacht hat.» Im Anschluss habe man den Anwalt aus Wolgast
informiert, der den 28-Jährigen jetzt auch vor Gericht vertritt. Bis
zum Abholen am 21. Januar durch den Anwalt sei der Flüchtige im Dorf
geblieben. Kurz vor Anklam hatte die Polizei damals den Flüchtigen im
Auto des Anwaltes festgenommen.

Richter Jochen Unterlöhner verhängte außerdem eine Ordnungsstrafe
gegen eine der Schwestern des Angeklagten von 300 Euro. Die Frau
hatte als Zeugin das Gericht und alle Beteiligten am 1. November als
«Dreckspack» beschimpft und mit lautem Knall die Tür zugeschlagen.

Der Prozess wird an diesem Donnerstag fortgesetzt, dann sollen zwei
Experten gehört werden, die speziell toxikologische und DNA-Spuren
analysiert haben.