Türkei-Gesuch: Deutscher seit Wochen in Slowenien in Haft

Seit zwei Monaten sitzt ein Duisburger in Slowenien in Haft - auf
Ersuchen der Türkei. Die will ihn als Terroristen ausgeliefert haben.
Nicht nur sein deutscher Anwalt spricht von einem politischen
Verfahren.

Duisburg (dpa) - Ein türkischstämmiger Duisburger sitzt seit zwei
Monaten in Slowenien auf Ersuchen der Türkei in Haft - eine
Freilassung gegen Kaution scheiterte. Das berichteten der Anwalt von
Ismet Kilic, Klaus Spiekermann, Ehefrau Nurgül Gülsen Kilic und der
Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Linke), die ein politisch
motiviertes Verfahren kritisierten. Die Türkei fordert Spiekermann
zufolge, dass Kilic eine Haftstrafe antritt, zu der er in den 1990er
Jahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung verurteilt worden sei. Der gelernte Mediziner ist seit
2008 deutscher Staatsbürger.

Kilic sei bei seiner Urlaubsrückreise von Kroatien Ende Juli auf
Antrag der Türkei vor den Augen seiner Familie in Slowenien
festgenommen worden, schilderten Spiekermann und Nurgül Gülsen Kilic
der Deutschen Presse-Agentur. Er sei in einem Gefängnis in der
slowenischen Hafenstadt Koper zunächst in Untersuchungshaft genommen
worden, seit 4. September befinde er sich dort in Auslieferungshaft.
Eine Freilassung scheiterte am 22. August, wie aus einem Beschluss
des Kreisgerichts in Koper hervorgeht.

Auch eine Freilassung gegen eine Kaution von 50 000 Euro sei vor
wenigen Tagen abgelehnt worden - mit der Begründung, er könne sich
nach Deutschland absetzen, sagte Spiekermann. Zuvor hatten einige
regionale Medien über den Fall berichtet. dpa-Anfragen bei den
zuständigen slowenischen Ministerien blieben am Freitag
unbeantwortet.

Kilic - gelernter Tierarzt und in Deutschland Taxiunternehmer - ist
nach Auskunft seiner Ehefrau in schlechtem Zustand und hat an Gewicht
verloren. Der 54-Jährige werde in Hand- und Fußfesseln zu allen
Terminen vorgeführt. Er habe sich in der Türkei vor vielen Jahren
gewerkschaftlich engagiert, sei nach Deutschland geflüchtet, habe
hier 1997 Asyl erhalten und sei seit 2008 deutscher Staatsbürger,
sagten Nurgül Kilic und Spiekermann.

Der Fall erinnert an den des Regimegegners Dogan Akhanli, der 2017
auf Antrag der Türkei als angeblicher Terrorist in Spanien
festgesetzt worden war. Spanien hatte den in Köln lebenden
Schriftsteller aber nicht an die Türkei ausgeliefert, er konnte zwei
Monate später nach Deutschland zurückkehren.

Bei Kilic befürchtet aber auch dessen Anwalt Spiekermann, dass ihm
eine Auslieferung drohen könnte. Spiekermann appellierte an die
Staatsanwaltschaft in Duisburg oder an den Generalbundesanwalt in
Karlsruhe, mögliche Terrorvorwürfe bei Bedarf hierzulande zu
ermitteln. Hunko forderte vom Auswärtigem Amt und der deutschen
Botschaft, Druck zu machen, um eine Auslieferung an die Türkei zu
verhindern.

Nurgül Kilic appellierte an die deutsche Politik, sich einzusetzen,
auch wenn ihr Mann nicht so prominent sei wie Autor Akhanli: «Er ist
ein politisch Verfolgter in einem menschenunwürdigen
Skandalverfahren.» Sie vermute, dass die Türkei die Auslieferung
ihres Mannes betreibe, da sein Urteil aus den 1990er Jahren im Mai
2020 verjähren werde. «Es ist eine Machtdemonstration.»