Weltgrößtes Typisierungslabor für Stammzellspender in neuem Domizil Von Simona Block, dpa

Die Suche nach dem genetischen Zwilling ist für Leukämiekranke eine
Sache von Leben und Tod. Vor einer lebensrettenden Transplantation
müssen die Gewebemerkmale der Stammzellspender analysiert werden - je
mehr Übereinstimmung, desto besser.

Dresden (dpa) - Schatzkammer des Lebens im Geldspeicher: Wo einst
Geld gezählt und Gold bewahrt wurde, ist nun die DNA von sieben
Millionen Menschen archiviert - bei minus 20 Grad, auf Platten in
schmalen Schließfächern. Eine Etage darunter befinden sich Server mit
Stammzellspenderdaten, deren Volumen mehrere Terrabyte umfasst. Der
Geschäftsführer des DKMS Life Science Lab Dresden, Thomas Schäfer,
sprach am Mittwoch von der «Schatzkammer des Lebens». Das weltweit
größte und stetig wachsende Typisierungslabor für Stammzellspender
hat im ehemaligen Gebäude der Bundesbank Dresden ein neues Domizil.

Dort werden nun täglich bis zu 7000 Wangenschleimhautabstriche neuer
Spender aus aller Welt analysiert. Je mehr Gewebemerkmale, desto
schneller und sicherer das Matching von Spender und Empfänger,
erklärte Schäfer. Zur effektiven Typisierung würden mit dem
sogenannten Next Generation Sequencing seit 2012 modernste
biotechnologische Verfahren mit Hochdurchsatz sowie aktuelle
Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung genutzt.

Mit weit über 1,2 Millionen typisierten Proben jährlich ist das 2001
von der DKMS übernommene Labor inzwischen das weltweit größte seiner

Art - fast das Zehnfache von 2012. «Das nächstgrößere macht nur die

Hälfte», sagte Technologiechef Vinzenz Lange. «Wir typisieren
zwischen 40 und 46 Prozent der Menschen, die sich weltweit als
Stammzellspender registrieren lassen.» Die Kosten pro Spender konnten
dank moderner Verfahren von 50 auf 35 Euro gesenkt werden.

Laut Lange dauert die Bestimmung der Gewebemerkmale von jedem neuen
Spender etwa drei Wochen. «Bei uns wird von Anfang an so viel
charakterisiert, dass alle wichtigen Parameter für eine
Spenderauswahl direkt zur Verfügung stehen.» Das erspare die
Feintypisierung nach der Vorauswahl. Dort, wo früher Geld gezählt
oder geschreddert wurde, filtern drei Maschinen die DNA aus den
Wattestäbchen, die nach einem Barcode in kleine Boxen mit je 96
Löchern per Hand vorsortiert werden.

«DNA sieht man nicht», erklärte Geoffrey Behrens vom Management. Sie

befinde sich am Ende in einer Lösung, die wie Wasser aussehe. Nur ein
Promille eines Tropfens davon werde für die Analyse hinter
panzersicheren Glasscheiben gebraucht. Die Ergebnisse übermitteln die
Dresdner an die DKMS - und der Spender steht laut Lange «dem
weltweiten Suchlauf für Patienten zur Verfügung».

Bei Frank Keßler lag nur ein halbes Jahr zwischen Registrierung und
erster Spende. «Es gab in unserem Nachbarort in der Oberlausitz einen
Leukämie-Fall», beschrieb der 34-Jährige seine Motivation. Im Februar

2017 schob er deshalb drei Stäbchen in den Mund, benetzte sie mit
Speichel und gab sie ab. Kurz vor Weihnachten wurden ihm ambulant
periphere Stammzellen aus dem Blut entnommen. Im März hat der
DHL-Zusteller den 58-Jährigen aus den USA kennengelernt, dessen
Lebensretter er ist - auch für Keßler ein emotionaler Moment.

«Nur in 20 Prozent der Fälle wird unter Vollnarkose Knochenmark aus
dem Beckenkamm entnommen», erklärte DKMS-Sprecherin Sonja Krohn. Wie
die Stammzellen für eine Transplantation gewonnen werden, bestimme
der Arzt. Die DKMS hat seit ihrer Gründung 1991 schon knapp 79 600
Spenden für an Blutkrebs erkrankte Menschen in alle Welt vermittelt.
Bei ihr haben sich bisher über 9,3 Millionen Spender registrieren
lassen - mit jedem wachsen die Chancen Leukämiekranker.