Babys mit Fehlbildungen: Gesundheitsministerium für rasche Klärung

Was steckt hinter der Häufung von Neugeborenen mit fehlgebildeten
Händen in Gelsenkirchen? Die Aufklärung dürfte kompliziert werden.
Könnte ein nationales Fehlbildungs-Register für mehr Klarheit sorgen?

Berlin (dpa) - Das Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU)
hat sich zurückhaltend zu den Fällen von Babys mit fehlgebildeten
Händen in Gelsenkirchen geäußert. Zu den konkreten Fällen lägen k
eine
Erkenntnisse vor, teilte ein Ministeriumssprecher am Samstag in
Berlin mit. «Wenn es eine auffällige Häufung von Fehlbildungen bei
Neugeborenen geben sollte, muss das so schnell wie möglich geklärt
werden», erklärte er. Das Ministerium begrüße, dass das betreffende

Krankenhaus Kontakt zur Berliner Charité aufgenommen habe.

Im Sankt Marien-Hospital Buer im nordrhein-westfälischen
Gelsenkirchen waren zwischen Mitte Juni und Anfang September drei
Kinder mit fehlgebildeten Händen geboren worden. Zuvor hatte es dort
nach Angaben der Klinik jahrelang keinen einzigen Fall gegeben. Bei
allen drei Kindern sei jeweils eine Hand betroffen. An dieser Hand
seien Handteller und Finger nur rudimentär angelegt. In der Klinik
wurden 2018 nach eigenen Angaben mehr als 800 Kinder geboren. Das
Krankenhaus hat eine vertiefte Ursachenforschung angekündigt, die
allerdings nur mit Einwilligung der Eltern stattfinden könne.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach rief Spahn in der
«Bild»-Zeitung dazu auf, «dringend eine Studie in Auftrag zu geben,
die systematisch die Daten der Kliniken und die Häufigkeit der Fälle
erfasst».

Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, Informationen zu
Fehlbildungen beinhalteten insbesondere die Perinatalstatistik sowie
die Krankenhausdiagnosestatistik. Der Begriff perinatal bedeutet im
medizinischen Sprachgebrauch den Zeitraum kurz vor, während und kurz
nach der Entbindung betreffend. Ein nationales Fehlbildungsregister
existiere nicht.

Das Ministerium teilte mit, laut einer Bundesauswertung zur
Perinatalstatistik des Instituts für Qualitätssicherung und
Transparenz im Gesundheitswesen seien 2017 in Deutschland 6884 Kinder
mit Fehlbildungen in Krankenhäusern geboren worden. Damit seien etwa
0,89 Prozent der Neugeborenen von Fehlbildungen betroffen gewesen.
Die Perinatalstatistik verzeichnet nach Angaben des Ministeriums die
Zahl der mit Fehlbildungen geborenen Kinder, sie beinhaltet jedoch
keine Informationen über die Art der Fehlbildung.

Weitergehende Informationen über die Fehlbildungsart enthält demnach
die Krankenhausdiagnosestatistik des Statistischen Bundesamtes. Diese
gebe Auskunft über die Anzahl der stationären Behandlungsfälle mit
spezifischen Diagnosen. Diese Statistik beinhalte allerdings keine
Informationen über die Zahl der behandelten Personen, teilte das
Gesundheitsministerium in Berlin mit. Das bedeute, ein Kind, das
zweimal im Krankenhaus behandelt werde, würde als zwei Fälle gezählt.

Zugleich tauchten Kinder ohne stationäre Behandlung in dieser
Statistik nicht auf.

Regionale Daten werden nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums
für das Fehlbildungsregister Sachsen-Anhalt und das Geburtenregister
«Mainzer Modell» erhoben. Daten aus beiden regionalen Registern
würden an das europäische Register EUROCAT gemeldet, das seit 1979
bestehe und derzeit Daten aus 23 europäischen Ländern enthalte.

Auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef
Laumann (CDU) dringt auf Aufklärung. «Die Berichte über Fehlbildungen

bei Säuglingen müssen wir ernst nehmen», erklärte er am Freitag lau
t
einer Mitteilung. «Hierbei helfen allerdings keine Spekulationen.
Vielmehr muss den möglichen Ursachen mit der gebotenen Sorgfalt
nachgegangen werden.»