EU-Gesundheitskommissar: Impfen notfalls zur Pflicht machen

Brüssel (dpa) - EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis plädiert
für eine Impfpflicht in Ländern mit sinkenden Impfraten. «Wenn man
sich das epidemiologische Bild anschaut und sieht, dass man keine
Chance auf einen raschen umfassenden Impfschutz hat, sollte man es
verpflichtend machen», sagte Andriukaitis der Deutschen
Presse-Agentur in Brüssel. «Das macht wissenschaftlich absolut Sinn.»


Der Litauer fügte hinzu, Kinder hätten das Recht zu leben, das könne

man nicht ignorieren: «Wenn Eltern das nicht verstehen, müssen wir
uns fragen, wer Verantwortung übernimmt. Natürlich ist das Parlament
verantwortlich und die Regierung.» Nicht nötig sei eine Pflicht in
Ländern wie den Niederlanden, in denen auf freiwilliger Basis hohe
Impfraten erzielt würden.

Andriukaitis äußerte sich aus Anlass des Brüsseler Impfgipfels am
Donnerstag. Damit will die EU-Kommission gemeinsam mit der
Weltgesundheitsorganisation gegen Impfmüdigkeit und Impfskepsis in
Europa angehen. Andriukaitis sagte, die Zurückhaltung vieler Menschen
in Impffragen sei eine Herausforderung mit vielen Facetten. Auf dem
Kongress wolle man auch die Ursachen besprechen.

Im Zentrum der Impfdebatte stehen die Masern, die als relativ leicht
vermeidbar gelten und sich dennoch in Europa wieder ausbreiten. Die
WHO hatte in der Region Europa im ersten Halbjahr 2019 rund 90 000
Fälle registriert. Das waren bereits mehr als die 84 462 Fälle im
gesamten Jahr 2018.