IBM bringt Quantencomputer nach Deutschland

Ihr Potenzial ist enorm - nun kommt ein Quantencomputer nach
Deutschland. Die Fraunhofer Gesellschaft geht eine Partnerschaft mit
IBM ein. Am «Q System One» sollen Forscher, Entwickler und
Industrie-Experten die nächste Computer-Generation erkunden.

Berlin (dpa) - IBM und die Fraunhofer Gesellschaft wollen die
Forschung zu Quantencomputern mit einer neuen Partnerschaft
vorantreiben. Dafür bringt der amerikanische Technologie-Konzern
erstmals seinen Quantencomputer «Q System One» nach Deutschland. Ziel
sei es, hierzulande eine Forschungsgemeinschaft rund um Fähigkeiten,
Erkenntnisse und Ausbildung im Umgang mit der Technologie aufzubauen,
teilten die Partner am Dienstag mit. Ein Standort des Systems steht
noch nicht endgültig fest, soll aber bis 2020 gefunden werden.

Quantencomputer können aufgrund einer grundsätzlich anderen
Funktionsweise theoretisch um ein Vielfaches schneller und
leistungsfähiger sein als herkömmliche Computer. Noch sind sie aber
eher Forschungsobjekte, eine kommerzielle Nutzung gab es bislang
nicht. Wissenschaftler erhoffen sich von Quantencomputern Durchbrüche
in vielen rechenintensiven Disziplinen, etwa bei der Erforschung
neuer Medikamente, bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz oder
auch für die Optimierung von Lieferketten in der Logistik.

«Diese Partnerschaft ist eine wegweisende Initiative für angewandtes
Quantencomputing und ein entscheidender Fortschritt für deutsche
Forschungseinrichtungen sowie Unternehmen aller Größenordnung in
unserem Land», sagte Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer
Gesellschaft. Die Installation eines IBM-Q-Systems in Europa eröffne
neue Möglichkeiten bei der Entwicklung von Strategien für das
Quantencomputing unter der Datenhoheit nach europäischem Recht.

Über die nächsten zwei Jahre will die Bundesregierung 650 Millionen
Euro in die Erforschung von Quantencomputern investieren. Damit
sollen grundlegende Forschungsergebnisse in marktreife Anwendungen
umgesetzt werden. Ziel sei es, dass deutsche Institute und
Unternehmen die sogenannte zweite Quantenrevolution mitgestalten und
international eine führende Rolle übernehmen, heißt es beim
Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Für diese Zielsetzungen habe man mit dem IBM Q-Netzwerk eine
«wichtige Drehscheibe für das Quantencomputing in Europa»
hinzugewonnen, hieß es. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek
lobte die Kooperation als bedeutenden Beitrag zur Umsetzung des
Regierungsprogramms. «Es ist wichtig, dass wir schon heute
verschiedene Anwendungsfelder des Quantencomputings erschließen,
gerade auch für mittelständische Unternehmen, die für Deutschland
wirtschaftlich eine hohe Bedeutung haben», sagte Karliczek.

Vergangenen Oktober fiel bereits der Startschuss für eine europäische
Initiative. Am Forschungszentrum Jülich in Nordrhein-Westfalen
arbeiten aktuell Forscher unter anderem aus Spanien, Schweden,
Finnland und Deutschland gemeinsam mit dem Internet-Konzern Google an
dem «OpenSuperQ», der 2021 fertiggestellt sein soll.

Auch IBMs System ist als europäische Forschungsinitiative angelegt
und soll nach Angaben des Unternehmens ein «Hub» für Forschung und
Entwicklung werden und Wissenschaftlern wie auch IT-Fachleuten und
Industrie-Experten zur Verfügung stehen. An Quanten-Computern wird
auf der Suche nach neuen Wegen in der Computertechnik seit
Jahrzehnten geforscht, lange handelte es sich nur um ein
theoretisches Konzept.

IBM hatte seinen «Q System One» Anfang des Jahres auf der
Elektronikmesse CES in Las Vegas als ersten auch kommerziell
nutzbaren Quantencomputer vorgestellt. Unter dem Dach der neuen
Initiative sollen nun prominente Partner aus Forschung und Industrie
beim Fraunhofer Kompetenzzentrum für Quantencomputer
zusammenarbeiten.

Während bei herkömmlichen Computern, die der klassischen Physik
folgen, die kleinsten Bestandteile (Bits) jeweils den Zustand Null
oder Eins annehmen, können bei Quanten-Computern die Qbits gemäß der

Quantenmechanik mehrere Zustände gleichzeitig darstellen - ein
Paradox, das auch heute noch für Physiker eine große Herausforderung
darstellt. Die Zustände der Qbits sind zudem sehr flüchtig und ändern

sich schon allein bei der Betrachtung. Das Q-System One soll dagegen
in der Lage sein, die Quantenzustände länger stabil zu halten und
somit auch die kommerzielle Nutzung zu ermöglichen.