Spahn will Notaufnahmen entlasten - Grundlegende Reform geplant

Patienten mit vergleichsweise harmlosen Leiden sollen künftig nicht
mehr in die Notaufnahme gehen. Die Versicherten sollen besser zu den
verschiedenen medizinischen Angeboten gesteuert werden. Doch nicht
alle sind begeistert.

Berlin (dpa) - Mit einer grundlegenden Reform der Notfallversorgung
will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Rettungsstellen
der Kliniken entlasten. «Derzeit sind die Notaufnahmen der
Krankenhäuser zu oft zu überlaufen», sagte Spahn am Montag in Berlin.

Patienten mit dringendem Behandlungsbedarf müssten oft zu lange
Wartezeiten in Kauf nehmen. Künftig soll deshalb stärker vorher
entschieden werden, ob Patienten tatsächlich in die Notaufnahme
kommen oder ob etwa ein zeitnaher Arzttermin reicht.

Ein Arbeitsentwurf für eine entsprechende Reform wurde nun an die
Bundesländer zur weiteren Diskussion geschickt. Im Kern sieht der
Vorschlag vor, dass fachkundiges Personal eine erste Einschätzung zum
Bedarf eines Patienten gibt, bevor dieser zu einer ärztlichen
Behandlung gelangt. Als zentrale Lotsen sollen Gemeinsame
Notfallleitstellen fungieren, die unter der Nummer 112 des
Rettungsdiensts und der Nummer 116117 der Kassenärztlichen
Vereinigungen (KVen) zu erreichen sein sollen. Bei dem Anruf soll
dann vorgeklärt werden, ob der Patient ins Krankenhaus kommt, ob der
Bereitschaftsdienst zuständig sein soll oder auch eine normale
Sprechstunde reicht.

Wer direkt ein Krankenhaus aufsucht, soll im dort angesiedelten
Integrierten Notfallzentrum Hilfe bekommen. Diese Zentren sollen eine
Notfallversorgung vornehmen und den Weg in eine stationäre Aufnahme
oder ambulante Versorgung ebnen. Betrieben werden sollen die Zentren
gemeinsam von den Kliniken und den KVen. Ziel ist es dem Entwurf
zufolge, dass die Notfallambulanzen der Krankenhäuser sowie die
bereits heute von den KVen betriebenen Portalpraxen in den
Klinikräumen in die neuen Zentren überführt werden. Patienten sollen

nicht mehr entscheiden müssen, ob sie etwa eine Rettungsstelle oder
Bereitschaftspraxis aufsuchen.

Die seit Jahren bestehenden Probleme bei der Notfallversorgung
sollten an der Wurzel angepackt werden, sagte Spahn. Auch eine
Grundgesetzänderung könne dazu nötig werden. Der Grund ist, dass
heute die Länder für die Organisation des Rettungsdienstes
verantwortlich sind, künftig der Bund hier aber Rahmenbedingungen
festlegen können soll. Das Tempo der Reform hänge von den anstehenden
Beratungen ab, sagte Spahn.

Die Reaktionen fielen gemischt aus. Die Bundesärztekammer bezweifelt,
dass genug Geld und Ärzte vorhanden seien, wie sie in der
«Rheinischen Post» (Online) betonte. Die Kassenärztliche
Bundesvereinigung begrüßte, dass die Notfallversorgung reformiert
werden solle, warnte aber vor der Zerstörung gewachsener Strukturen.