Kramp-Karrenbauer schlägt erste Pflöcke ein Von Jörg Ratzsch, dpa

Seit wenigen Tagen ist sie im Amt. Ob Merkels Entscheidung richtig
war, Kramp-Karrenbauer zur neuen Oberbefehlshaberin der Bundeswehr zu
machen, darüber wird viel diskutiert. Nun setzt die neue Ministerin
erste Akzente.

Berlin (dpa) - Das Verteidigungsministerium zu führen - dafür braucht
man ein dickes Fell. Der Posten gilt als Schleudersitz: Verantwortung
für 250 000 Soldaten und Zivilbeschäftigte, für gefährliche
Auslandseinsätze, Ausrüstungsmängel, jede Menge Ärger. CDU-Chefin
Annegret Kramp-Karrenbauer weiß, dass ihr Wechsel an die Spitze des
Ressorts vielerorts Kopfschütteln ausgelöst hat. Und sie weiß, dass
sie angesichts dieser Bedenken schnell liefern muss. Am Wochenende
schlägt sie erste Pflöcke ein.

Am Samstag warten hunderte hochrangige Gäste in der Berliner
Sommersonne auf der Ehrentribüne. Die Soldaten sind in Formation auf
dem Paradeplatz des Verteidigungsministeriums angetreten. Das
Musikkorps der Bundeswehr spielt einen Marsch. Was jetzt kommt, ist
für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Routine, für die Ministerin
noch Neuland: Abschreiten der Formation. Sie muss das nicht alleine
tun, sondern hat zu ihrer Linken die Kanzlerin, rechts von ihr
marschiert der oberste General der Bundeswehr, Eberhard Zorn.

Das feierliche Gelöbnis von 400 Bundeswehrrekruten zum 75. Jahrestag
des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler ist Kramp-Karrenbauers
erster großer Auftritt als Verteidigungsministerin. Parallel dazu
gibt sie in einem langen Interview «Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung» (FAS) Einblick in ihre Vorstellungen, was die
Bundeswehr angeht, und in ihr Amtsverständnis.

Möglichen Zweiflern, die vielleicht denken, das alles solle für sie
nur ein Karrieresprungbrett auf dem Weg in ein höheres Amt sein,
widerspricht die CDU-Chefin deutlich: «Ich würde nie in ein Amt
hineingehen aus dem Kalkül heraus, das kann mir nützlich sein oder
nicht«, sagt sie der Zeitung. In ihrer Rede an die Soldaten beim
Gelöbnis sagt die neue Oberbefehlshaberin: Der Dienst der Soldaten
verlange Respekt, Wertschätzung und Unterstützung, «und zwar von mir

zuallererst». Sie wisse, Deutschland könne sich auf die Soldaten
verlassen. «Und ich sage Ihnen: Sie können sich auf mich verlassen!»


Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte es sich mit vielen
in der Bundeswehr verscherzt, als sie der Truppe ein
«Haltungsproblem» bescheinigte. Hintergrund waren mehrere Fälle von
Rechtsextremismus. Später entschuldigte sich von der Leyen für die
Pauschalkritik. Kramp-Karrenbauer grenzt sich in dem Interview klar
von ihr ab: «Es gibt keinen Generalverdacht gegen unsere Soldaten.»
Diese setzten im Dienst ihr Leben aufs Spiel. Die Truppe habe das
Recht darauf, dass nicht einige wenige die gesamte Bundeswehr in
Verruf brächten.

Schließlich packt Kramp-Karrenbauer noch ein Thema an, das nicht
gerade zu den Gewinnerthemen in Deutschland zählt: die Erhöhung der
Verteidigungsausgaben. Die Bundesrepublik habe dem Nato-Ziel, die
Ausgaben bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
zu erhöhen, eine «klare Zusage gegeben», sagte sie. Es sei klar, dass

man den Weg dorthin auch wirklich gehen müsse. Dass dies Mehrausgaben
in zweistelliger Milliardenhöhe bedeuten würde, sagt sie nicht.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil lässt umgehend wissen, eine
Aufrüstung nach den Wünschen von US-Präsident Trump werde es nicht
geben. Das sei mit der SPD nicht zu machen, sagt er den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. «Das haben wir in der Koalition bereits zigfach
geklärt.»

Zurück zum ersten großen Auftritt der neuen Ministerin vor ihren
Soldaten: Auf der Tribüne beim Gelöbnis im Bendlerblock sitzt neben
vielen anderen Ehrengästen auch einer, der vor ein paar Tagen selbst
noch als möglicher Verteidigungsminister gehandelt wurde:
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Kramp-Karrenbauer bestätigt,
dass das nicht nur Gerüchte waren. «Das war eine der Konstellationen,
die denkbar gewesen wäre», sagt sie im Interview.

Die Frage, wer dann auf die Idee kam, dass sie den Posten übernehmen
könnte - sie selbst oder Kanzlerin Merkel - beantwortet die
CDU-Vorsitzende nicht. Nur soviel: «Seit es sich abzeichnete, dass
Ursula von der Leyen nach Brüssel gehen könnte, waren wir in
permanentem Austausch.»