Versandapotheke Docmorris muss zwei Schlappen vor Gericht hinnehmen

Der Streit zwischen alteingesessenen Apothekern und dem
Versandhändler DocMorris ist uralt - und längst noch nicht
ausgestanden. Nun gab es zwei Gerichtsentscheidungen, die nur auf
Seiten der traditionellen Apothekerschar Freude auslösten.

Düsseldorf (dpa) - 14 Millionen Euro Schadenersatz wollte der
Online-Händler Docmorris von alteingesessenen Apotheken - und hat mit
dieser Forderung am Mittwoch Schiffbruch erlitten. Das Düsseldorfer
Landgericht wies eine Klage der Firma gegen die Apothekerkammer
Nordrhein ab (Aktenzeichen 15 O 436/16). Es ging um einstweilige
Verfügungen, welche die Apothekerkammer von 2012 bis 2015 erwirkt
hatte und durch die Docmorris seine Geschäftspolitik hatte ändern
müssen. Die Firma hatte zum Beispiel Kunden mit Gutscheinen für
Hotels oder eine Automobilclub-Mitgliedschaft gelockt, dies nach
Intervention der Apotheker aber eingestellt.

Aus Sicht von Docmorris waren die Interventionen der Apotheker
unrechtmäßig. Ihre Klage stützte die Firma auf ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2016, das die Preisbindung für
Online-Apotheken mit grenzüberschreitendem Geschäft gekippt hatte.

Das Düsseldorfer Landgericht teilte die Rechtsauffassung
von Docmorris allerdings nicht. Das EuGH-Urteil spiele für den
vorliegenden Sachverhalt keine entscheidende Rolle, stellte die
Vorsitzende Richterin fest. Sie bezog sich stattdessen unter anderem
auf das Heilmittelwerbegesetz, demzufolge «Zugaben» - etwa Gutscheine
- als Kaufanreiz für Heilmittel verboten sind. «Die Verfügungen wär
en
auch schon deswegen zu erlassen gewesen, weil das
Heilmittelwerbegesetz und Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb das
vorsehen», erklärte eine Gerichtssprecherin das Urteil.

Bei dem Urteil geht es um die die Vergangenheit. Hat es auch Folgen
auf die Gegenwart - also auf die Geschäftspolitik von Docmorris?
Nein. Denn «Zugaben» wie damals gewährt der Online-Händler längst

nicht mehr. Stattdessen bekommt man pro Arzneimittel in der Regel
einen Bonus von 2,50 Euro, der auf die Zuzahlung angerechnet wird
oder mit mehreren Boni ab einer gewissen Summe ausbezahlt wird. Bei
dieser Geschäftspraxis stützt sich der Online-Händler auf das
EuGH-Urteil und sieht sich dabei sattelfest.

Die Apothekerkammer Nordrhein war erfreut. «Die Verbraucher müssen
eben davor geschützt werden, dass sie durch das Inaussichtstellen von
geldwerten Vorteilen davon abgehalten werden, die qualitativ
hochwertigere Beratung in den deutschen Präsenzapotheken in Anspruch
zu nehmen und stattdessen ihre Arzneimittel bei ausländischen
Versandapotheken bestellen», sagte die Vize-Geschäftsführerin der
Apothekerkammer Nordrhein, Bettina Mecking. Selbst der EuGH habe
diesen Versandapotheken attestiert, nicht im gleichen Maße
pharmazeutische Beratung anbieten zu können wie stationäre Apotheken.

Ein Docmorris-Sprecher sagte, man werde die schriftliche
Urteilsbegründung prüfen und dann das weitere Vorgehen entscheiden.

Es war kein guter Tag für den Online-Händler: Ebenfalls am Mittwo
ch
gab das Oberlandesgericht Karlsruhe bekannt, dass es die Berufung des
Unternehmens gegen ein Urteil des Landgerichts Mosbach zurückgewiesen
hatte. Geklagt hatte der Landesapothekerverband (LAV)
Baden-Württemberg. In diesem Streit ging es um den bundesweit ersten
Apothekenautomaten in Hüffenhardt, den Docmorris aber nur kurz
in Betrieb hatte und inzwischen nach mehreren Gerichtsurteilen aus
Wettbewerbsgründen nicht betreiben darf. Der Docmorris-Sprecher wies
allerdings auf ein separates, wichtigeres verwaltungsrechtliches
Verfahren in Karlsruhe hin, bei dem eine Entscheidung noch aussteht.