«Herren über Leben und Tod» - Gericht prüft Todesfälle in Altenhe im

Im Prozess um mysteriöse Todesfälle in der «Seniorenresidenz Schloss

Gleusdorf» bestreitet der Ex-Pflegedienstleiter die Vorwürfe. Drei
Angeklagte sollen Bewohnern die nötige medizinische Hilfe
vorenthalten haben. Das Heim führt ein anderer Betreiber weiter.

Bamberg (dpa/lby) - Am ersten Prozesstag um rätselhafte Todesfälle in
der Seniorenresidenz Gleusdorf hat der ehemalige Pflegedienstleiter
über seinen Anwalt die Vorwürfe bestreiten lassen. Die beiden anderen

Angeklagten machten keine Angaben. Der Heimleiterin, dem
Pflegedienstleiter und einem Arzt in leitender Funktion werden vor
dem Landgericht Bamberg gemeinschaftlicher Totschlag durch
Unterlassen in einem Fall und versuchter Totschlag durch Unterlassen
in zwei Fällen vorgeworfen.

Der Verteidiger der ehemaligen Heimleiterin zog die Glaubwürdigkeit
von drei als Zeugen gegen seine Mandantin vernommenen früheren
Mitarbeiterinnen des Heims in Zweifel. Weil diesen von der
59-Jährigen gekündigt worden sei, sei nicht auszuschließen, dass sich

die Mitarbeiterinnen mit ihren Aussagen bei ihrer damaligen Chefin
revanchieren wollten. Der Anwalt beantragte daher, die Akten der aus
den Kündigungen resultierenden Arbeitsgerichtsprozessen in das
Verfahren einzuführen.

In dem Altenheim im unterfränkischen Untermerzbach (Landkreis
Haßberge) waren vor mehr als drei Jahren fünf Bewohner unter dubiosen
Umständen gestorben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, ob der Grund
dafür Misshandlungen oder eine schlechte Versorgung gewesen sein
könnten. Den teils hochbetagten Bewohnern wurde nach Überzeugung der
Anklage die erforderliche medizinische Versorgung vorenthalten. Auch
seien sie nicht in ein Krankenhaus verlegt worden. Dies habe in einem
Fall den Tod eines Heimbewohners und in zwei weiteren Fällen
erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen zur Folge gehabt. Die
Angeklagten hätten sich wie «Herren über Leben und Tod» verhalten.


Dem ehemaligen Pflegedienstleiter wird auch vorsätzliche
Körperverletzung zur Last gelegt. Einem Heimbewohner, der die
Nachtruhe nicht einhielt, soll der 49-Jährige mit den Worten «Halt
die Fresse und schlaf!» einen Faustschlag ins Gesicht verpasst haben.
Der für das Heim arbeitende Arzt soll falsche Todesbescheinigungen
ausgestellt haben. Er wurde deshalb auch wegen Falschbeurkundung
angeklagt.

Das Landratsamt Haßberge hatte wegen der Vorwürfe eine Schließung der

Seniorenresidenz mit zuletzt etwa 65 Bewohnern angeordnet. Der
Verwaltungsgerichtshof hob die Entscheidung jedoch auf und ließ einen
Weiterbetrieb unter bestimmten Auflagen durch einen anderen Betreiber
zu, wie ein Sprecher des Landgerichts auf Anfrage sagte.

Der Prozess wird am kommenden Mittwoch (24. Juli) fortgesetzt.
Insgesamt sind 28 Verhandlungstage angesetzt. 43 Zeugen und zwei
rechtsmedizinische Sachverständige sollen gehört werden. Das Urteil
wird am 9. Januar erwartet.