Kabinett beschließt Apotheken-Reform

Immer mehr Dinge werden im Internet bestellt - auch Medikamente. Die
Apotheken vor Ort geraten unter Druck. Menschen, die lieber
persönlich ihr Rezept vor Ort einlösen wollen, könnten irgendwann das

Nachsehen haben. Ein neues Gesetz soll das verhindern.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will Apotheken vor Ort besser vor
der Konkurrenz im Internet schützen und insgesamt stärken. Dafür hat

das Bundeskabinett am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz und eine
Verordnung auf den Weg gebracht. Die Apotheker begrüßen das, obwohl
sie sich mehr gewünscht hätten. Kritik kommt von der Linken.

Die rund 20 000 Apotheken in Deutschland sollen für Nacht- und
Notdienste künftig mehr Geld bekommen. Das sieht die Reform von
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor. Außerdem dürfen
Online-Apotheken aus dem Ausland bei verschreibungspflichtigen
Medikamenten für gesetzlich Versicherte keine Rabatte mehr anbieten,
sondern müssen sich ebenfalls an feste Preise halten.

Bisher durften ausländische Versandapotheken solche Rabatte gewähren,
deutsche Online-Händler nicht. Hintergrund ist ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2016. Der hatte die deutsche
Preisbindung bei Medikamenten für Online-Apotheken, die ihren Sitz im
Ausland haben, gekippt. Ob die jetzt auf den Weg gebrachte
Neuregelung zum Rabatt-Verbot europarechtlich Bestand haben wird, ist
deshalb noch unklar.

«Die Apotheke vor Ort ist für viele Menschen ein Stück Heimat - und
eine wichtige Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten», sagte
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch. Die Neuregelungen
sehen vor, dass Apotheken künftig auch Grippeschutzimpfungen anbieten
dürfen. Das soll aber zuerst in regionalen Modellprojekten
ausprobiert werden. Außerdem sollen chronisch Kranke sich in Zukunft
mit einem Rezept bis zu drei Mal ihr Arzneimittel in der Apotheke
abholen können.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) begrüßte die

Reform. Darin würden Vorschläge der Apothekerschaft aufgegriffen, die
zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation der Patientinnen und
Patienten führen könnten, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.

Kritik kommt von der Linken. Spahns Apothekengesetz sei eine
«Mogelpackung» und «Flickschusterei», sagte die für das Thema
zuständige Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann. Zwar dürften
Online-Apotheken künftig keine Rabatte für verschreibungspflichtige
Medikamente mehr anbieten. Im Koalitionsvertrag sei aber eigentlich
vereinbart worden, dass online überhaupt keine solchen Arzneimittel
mehr bestellt werden dürften. Das komme nun endgültig nicht,
kritisierte Gabelmann.

In ihren Koalitionsvertrag hatten Union und SPD geschrieben: «Wir
stärken die Apotheken vor Ort: Einsatz für Verbot des Versandhandels
mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln». Dass es zu dem Verbot
nicht kommt, wird auch vom Apothekerverband kritisiert. «Wir haben
lernen müssen, dass es für eine Generation, zu der auch unser
Bundesgesundheitsminister gehört, schlicht nicht mehr vorstellbar
ist, den Online-Handel zu verbieten», sagte Verbandschef Schmidt dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).