Kabinett beschließt Impfpflicht gegen Masern

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit. Sie können richtig
gefährlich werden und im Extremfall zum Tode führen. Weil die Zahl
der Erkrankungen steigt, wird Impfen für Kinder, Schüler und einige
Erwachsene jetzt Pflicht.

Berlin (dpa) - Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Gesetz für eine
Masern-Impfpflicht auf den Weg gebracht. Ab März 2020 müssen Eltern
vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kita oder Schule nachweisen,
dass diese geimpft sind. Die Impfpflicht gilt auch für bestimmte
Erwachsenengruppen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
(BVKJ) begrüßt die Regelung. Kritik gibt es aber auch, zum Beispiel
von den Grünen, die bemängeln, dass das Gesetz am eigentlichen
Problem vorbeigeht.

Geimpft sein müssen künftig neben Kita-Kindern und Schülern auch
Tagesmütter, Kita-Personal, Lehrer, Beschäftigte im Medizinbereich
und in Gemeinschaftseinrichtungen wie Flüchtlingsunterkünften - und
auch deren Bewohner. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 2500 Euro.

Ungeimpfte Kinder dürfen in Kitas nicht mehr aufgenommen werden.

Kinder und Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Gesetzes im kommenden März schon in einer Kita, Schule oder
Gemeinschaftseinrichtung sind, müssen den Impfnachweis bis spätestens
31. Juli 2021 nachreichen. Erbracht werden kann der Nachweis durch
den Impfausweis, durch das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder durch
ein ärztliches Attest, aus dem hervorgeht, dass man die Masern schon
hatte.

Zu den hohen Bußgeldern sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) am Mittwoch: «Das ist wie im Straßenverkehr: Wer sich und
andere etwa durch zu schnelles Fahren gefährdet, da ist eine
Bußgeldbewährung auch selbstverständlich, und das gilt für Masern
dann genauso.» Der Höchstsatz von 2500 Euro wird nach Spahns Angaben
aber erst verhängt, wenn sich Betroffene beharrlich trotz
wiederholter Aufforderung durch das Gesundheitsamt einer Impfung
verweigern.

Hintergrund für das Gesetz ist ein weltweiter Anstieg der
Erkrankungen. Masern gehören zu den ansteckendsten
Infektionskrankheiten. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 543
Fälle gemeldet, in der ersten Hälfte dieses Jahres schon mehr als 400
Fälle. «Es liegt daher eine erhebliche Gefahr für die öffentliche
Gesundheit vor, der mit weiterführenden Maßnahmen begegnet werden
muss», heißt es in der Begründung zum Gesetz.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) macht sich seit
langem für die Masern-Impfpflicht stark und begrüßt die Pläne.
Verbandssprecher Hermann Josef Kahl sagte der dpa: «Wir versprechen
uns davon eine hohe Durchimpfungsrate von mindestens 95 Prozent.
Damit wäre auch ein sogenannte Herdenschutz gewährleistet.» Die BVKJ

sei prinzipiell für eine gesetzliche Impfpflicht für alle von der
Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen.

Kritik kommt von den Grünen. Ihrer Ansicht nach geht das Gesetz mit
seinem starken Fokus auf Kinder am Problem vorbei. «Bei Erwachsenen
über 30 Jahren liegt die Impfquote teilweise unter 50 Prozent. Wie
die zum Teil erschreckend geringen Impfquoten bei Erwachsen schnell
und dauerhaft erhöht werden können, dafür hat Spahn keine Lösung»
,
sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Cordula Schulz-Asche.

Mit dem «Masernschutzgesetz» versucht die Regierung gleichzeitig,
auch andere Krankheiten weiter einzudämmen. Angestrebt wird, dass es
künftig wieder vermehrt Reihenimpfungen in den Schulen gibt gegen
Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten. Die Krankenkassen werden
verpflichtet, mit den Gesundheitsämtern Vereinbarungen zu treffen zur
Finanzierung dieser Impfungen. Die Schulimpfungen sollen aber auf
jeden Fall freiwillig sein.

Nach dem Kabinett muss jetzt noch der Bundestag zustimmen. Im
Bundesrat ist laut Gesundheitsministerium keine Zustimmung nötig.