Kommission sieht Führungsversagen bei Heidelberger Bluttest-Affäre

Fünf Monate nach der frühzeitigen Vorstellung eines Bluttests zur
Früherkennung von Brustkrebs an der Uniklinik Heidelberg hat eine
externe Untersuchungskommission deutliche Worte gefunden. Es gehe um
Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit.

Heidelberg (dpa) - Eine ganze Reihe von Versäumnissen hat nach
Überzeugung einer Untersuchungskommission zur verfrühten Vorstellung
eines möglichen Brustkrebs-Bluttests an der Uniklinik Heidelberg
geführt. Einer der Vorsitzenden der externen Kommission, der
Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner, sprach am
Dienstag von «Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit» in der

Klinik.

Auf der übergeordneten Ebene habe falsch verstandene
Wissenschaftsfreiheit dazu geführt, dass niemand die Pressekonferenz
und Pressekampagne verhindert habe, über die der Test publik gemacht
wurde. Die Kommission legte dem Aufsichtsrat der Uniklinik einen
Zwischenbericht vor.

Mehrere Beteiligte hätten den Chef der Frauenklinik, Christof Sohn,
vor der Pressekonferenz am 21. Februar vor der frühzeitigen
Veröffentlichung gewarnt. «Sohn wusste von der mangelnden Validität
der Testergebnisse», sagte die ehemalige Bundesverfassungsrichterin
Christine Hohmann-Dennhardt, ebenfalls Vorsitzende der Kommission.
«Die öffentliche Vorstellung des Bluttests erfolgte erkennbar zu
früh.»

Bei einem Drittel der Frauen sei mit dem Bluttest Krebs nicht erkannt
worden und umgekehrt wurde bei einem Drittel gesunder Frauen
fehlerhaft Krebs erkannt, sagte Kleiner. «Das ist ein dramatisch
hoher Anteil.»

Das vom Aufsichtsrat der Uniklinik einberufene Gremium soll etwaiges
Fehlverhalten aufdecken und Empfehlungen abgeben, um dieses künftig
zu vermeiden. Sohn hatte den Test Fachwelt und Öffentlichkeit als
bald marktreifes Verfahren zur Brustkrebs-Früherkennung vorgestellt.
Kritiker warfen ihm vor, angesichts fehlender Veröffentlichung in
einer Fachzeitschrift und hoher Fehlerquoten unbegründete Erwartungen
zu wecken.

Die Vorsitzende des Aufsichtsrats der Uniklinik, Simone Schwanitz,
kündigte weitere Beratungen an. Welche Konsequenzen gezogen werden,
könne sie jetzt noch nicht sagen. Schwanitz betonte die Verantwortung
für die fast 11 000 Mitarbeiter. «Das Universitätsklinikum Heidelberg

ist eine der leistungsfähigsten und forschungsstärksten Kliniken in
Deutschland. Die Forschungsergebnisse setzen weltweit Maßstäbe.» Der

Ruf habe durch den voreilig angekündigten Bluttest Schaden genommen.
«Wir werden alles daransetzen, dass dies ein einmaliger Vorgang
bleibt», sagte die Aufsichtsratschefin.

Die Kommission habe 17 Gespräche mit Beteiligten geführt und 10 000
Seiten Dokumentation gesichtet. Einen Termin für den Abschlussbericht
gibt es noch nicht.

Ebenfalls einen Zwischenbericht legte am Dienstag eine interne
Senatskommission der Universität zur Sicherung guter
wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der
Wissenschaft vor. Es gebe fachlich-wissenschaftliche Mängel
fortlaufend seit Beginn der Forschung an dem Bluttest. Beamten- und
disziplinarrechtliche Konsequenzen würden geprüft, hieß es in der
Mitteilung. Auch die Staatsanwaltschaft Mannheim befasst sich mit den
Vorgängen.