Tod von Krebspatienten: Bewährungsstrafe für Heilpraktiker Von Martin Höke und Frank Christiansen, dpa

In kurzer Folge sterben 2016 drei Patienten eines Heilpraktikers am
Niederrhein. Sie waren krebskrank und alle mit einem Zellgift
behandelt worden. Nun wurde der Heilpraktiker verurteilt.

Krefeld (dpa) - Er wolle den Hinterbliebenen noch sagen, wie sehr er
das Geschehene bedauere, sagt Heilpraktiker Klaus R. tränenerstickt.
Er könne sich immer noch nicht erklären, wie es dazu kommen konnte.
Dann versagt ihm die Stimme. Kurz darauf spricht das Krefelder
Landgericht den 61-Jährigen am Montag wegen fahrlässiger Tötung in
drei Fällen schuldig.

Das Gericht schickt den Heilpraktiker aber nicht hinter Gitter, wie
vom Staatsanwalt gefordert, sondern setzt die Strafe von zwei Jahren
Haft zur Bewährung aus. Es hält dem Verurteilten nach einem halben
Jahr Prozessdauer zu Gute, dass er nicht vorbestraft ist, an der
Aufklärung mitgewirkt hat und das Geschehen glaubwürdig bedauert.

Es attestiert ihm aber auch «schwere Verletzungen der
Sorgfaltspflicht» in seiner Praxis in Brüggen am Niederrhein. So habe
er die Identität der gelieferten Substanzen nicht überprüft, eine
ungeeignete Waage verwendet, Infusionsflaschen unzureichend
beschriftet und den Einsatz von 3-Bromopyruvat mangelhaft
dokumentiert.

Die Verteidigerin hatte einen Freispruch gefordert. Es sei nicht
nachgewiesen, dass die Therapie ihres Mandanten den Tod der Patienten
verursacht habe. Diese seien schwer krebskrank gewesen und hätten die
klassische Chemotherapie abgelehnt. Sie hätten gewusst, dass sie sich
auf eine experimentelle Therapie mit erheblichen Risiken einließen.

Doch das Gericht sieht das anders: Der Tod der drei Patienten, einer
Belgierin, einer Niederländerin und eines Niederländers, stehe
deutlich im Zusammenhang zu den verabreichten Infusionen. Alle hätten
einen Hirninfarkt erlitten. Es gebe für ihren Tod keine andere
Erklärung als das verabreichte hochwirksame Zellgift BP-3.

Der Staatsanwalt hatte kritisiert, dass der Heilpraktiker bei der
Behandlung mit Zellgift BP-3 «alle Pflichten missachtet» und grob
fahrlässig gehandelt habe. Er habe seinen Patienten eine bis zu
sechsfache tödliche Überdosis verabreicht.

Der 61-Jährige hatte dagegen beteuert, dass er den Stoff bereits
monatelang mit gutem Erfolg eingesetzt habe. Er vermutete, dass der
Wirkstoff 3-Bromopyruvat (3-BP) bereits in anderer Qualität oder
Zusammensetzung als sonst angeliefert worden sei. Er selbst sei bei
der Dosierung immer gleich vorgegangen.

Die Flaschen, in denen der Wirkstoff angeliefert worden war, hatte er
aber nicht aufbewahrt. «Ich wollte sie nicht weiter für Patienten
verwenden, nachdem es diesen drei so schlecht ging», hatte er gesagt.
«Dass ich sie weggeworfen habe, bereue ich heute zutiefst.»

Eine Rechtsanwältin, die Hinterbliebene einer 43-jährigen zweifachen
Mutter als Nebenkläger vertritt, kritisierte, dass der Heilpraktiker
keinen Notarzt alarmiert und die an Brustkrebs erkrankte Frau einfach
nach Hause geschickt habe, obwohl es ihr sehr schlecht ging.

Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, erklärte nach

dem Urteil, Krebstherapien gehörten nicht in die Hände von
Heilpraktikern. Der Gesetzgeber sollte dem einen Riegel vorschieben.