Ebola-Fall in Großstadt Goma - WHO will Notfall-Ausschuss einberufen

Eines der gefährlichsten Viren in einer der gefährlichsten Regionen
der Welt - so beschreibt WHO-Chef Tedros den Ebola-Ausbruch im Kongo.
Jetzt hat das Virus eine Millionenstadt erreicht. Zur Bekämpfung
braucht es dringend mehr Geld.

Genf (dpa) - Nach dem ersten Ebola-Fall in der Millionenstadt Goma im
Kongo prüft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erneut, ob eine
«gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite» ausgerufen
werden muss. Er werde so schnell wie möglich den dafür nötigen
Expertenausschuss einberufen, sagte WHO-Generaldirektor Tedros
Adhanom Ghebreyesus am Montag bei einer Ebola-Konferenz in Genf. «Wir
haben es mit einer der komplexesten humanitären Notsituationen zu
tun, die wir je erlebt haben», sagte er. Im Juni hatte sich die WHO
dagegen entschieden, einen solchen Gesundheitsnotstand auszurufen.
Sie sah damals nicht alle Kriterien für einen solchen Schritt als
erfüllt an.

Bei einem Pastor, der am Sonntag in Goma angekommen war, sei Ebola
bestätigt worden, hatte das Gesundheitsministerium am späten
Sonntagabend berichtet. Der Mann kommt demnach aus der Provinz
Süd-Kivu und war per Bus über Butembo, wo bereits etliche Menschen an
Ebola erkrankt sind, in die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu gereist.
In Goma leben etwa eine Million Menschen. Inzwischen wurde der Pastor
nach Butembo in ein Behandlungszentrum gebracht. Seit Beginn des
Ausbruchs vor rund einem Jahr sind fast 2500 Menschen erkrankt und
mehr als 1660 ums Leben gekommen.

«Die Situation ist unter Kontrolle», versicherte Kongos
Gesundheitsminister Oly Ilunga Kalenga in Genf. «Der Betroffene ist
schnell identifiziert und isoliert worden, die Impfung derjenigen,
die mit ihm in Kontakt waren, ist im Gange. «Wir waren auf so einen
Fall vorbereitet.» Es stehe genügend Impfstoff zur Verfügung.

WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte in Genf: «Wir sind
zuversichtlich, dass die getroffenen Maßnahmen greifen und hoffen,
dass es keine weitere Übertragung in Goma gibt.» Nach seinen Angaben
gibt es bereits seit Februar ein Behandlungszentrum in Goma und 3000
lokale Mitarbeiter des Gesundheitswesens wurden vorsorglich geimpft.

Nach der verheerenden Epidemie in Westafrika 2014/2015 mit mehr als
11 000 Todesopfern ist dies der bislang schlimmste Ebola-Ausbruch.
Wegen der Gewalt in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri ist er schwer
unter Kontrolle zu bringen. In der Region sind seit Jahren
rivalisierende bewaffnete Gruppen aktiv. Einige haben Helfer
angegriffen oder falsche Gerüchte über die Absichten der Regierung
verbreitet, die Gesundheitsvorschriften durchsetzen will. Erst in der
Nacht zum Sonntag waren wieder zwei Ebola-Helfer in ihren Häusern
nahe Mukulia nördlich von Butembo umgebracht worden, wie das
Gesundheitsministerium mitteilte. Zudem ist die Bevölkerung nach
Jahrzehnten des Bürgerkriegs traumatisiert und hat wenig Vertrauen
selbst zu medizinischem Personal.

Ohne Behandlung sterben 70 Prozent der Kranken. Mit den neu zur
Verfügung stehenden Medikamenten überleben 70 Prozent. Dazu gehört
Maurice Kakule. Mit der Vereinigung Ebola-Überlebender hilft er
Kranken heute, wie er per Videolink aus dem Kongo berichtete. «Wir
transportieren Kranke zu Behandlungszentren, wir kümmern uns dort um
ihre Kinder», sagte er. Die Mitglieder helfen bei der Aufklärung, um
Ängste in der Bevölkerung zu überwinden.

Bei der Konferenz in Genf betonten zahlreiche Teilnehmer, dass der
Ausbruch ohne eine umfassende Lösung der Sicherheitsfragen
wahrscheinlich nicht beendet werden könne. Annette Dixon von der
Weltbank stellte Pläne vor, 50 000 Arbeitsplätze in der Region zu
schaffen. Tedros rief die Weltgemeinschaft auf, die Region über Ebola
hinaus zu stärken. «Wir können nicht wie mit dem Fallschirm
reinspringen und gehen, wenn Ebola vorbei ist», sagte er.

Es werde kaum gelingen, den Ausbruch zu beenden, wenn nicht mehr
Mittel zur Verfügung gestellt würden, warnte UN-Nothilfekoordinator
Mark Lowcock. Die WHO hatte ihren Bedarf für die Zeit von Februar bis
Juli 2019 auf knapp 100 Millionen Dollar (88 Millionen Euro)
geschätzt. Davon war nach WHO-Angaben bis Anfang Juli aber nur die
Hälfte zusammen gekommen.

Ruft die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand aus, empfiehlt
sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu könne
n
mehr Grenzkontrollen, das Einrichten von weiteren Behandlungszentren
oder die vorsorgliche Impfung weiterer medizinischer Fachkräfte
gehören.