Österreich hat ein Rauchverbot - und bald wohl keine Shisha-Bars mehr Von Fabian Nitschmann, dpa

Nach einem jahrelangen Zick-Zack-Kurs hat Österreich ein Rauchverbot
für die Gastronomie beschlossen. Fast 500 Shisha-Bars droht wegen
fehlender Ausnahmen daher das Aus - und dem Rauchverbot eine
Verlängerung vor Gericht.

Wien (dpa) - In einer Shisha-Bar wird in erster Linie geraucht - oder
gedampft, wie die Betreiber sagen. Der süßliche Geruch der
Wasserpfeifen ist der Kern ihres Geschäfts, in den meisten Fällen
auch die wichtigste Einnahmequelle. Blöd nur, wenn das Rauchen von
Shishas in der Gastronomie künftig verboten ist - so wie ab dem 1.
November im Nachbarland Österreich.

«Da ist quasi über Nacht ohne mit uns zu sprechen eine Branche kaputt
geschlagen worden», wettert Jakob Baran. Er ist selbst Betreiber
einer Shisha-Bar in Wien und zudem Obmann des Verbandes der
österreichischen Shisha-Bar-Betreiber. Vor gerade einmal sechs
Monaten hat er in seinen Laden investiert und umgebaut, ein Bekannter
von ihm hat vor Kurzem eine neue Bar eröffnet und dabei 300 000 Euro
ausgegeben. Denn vor einem halben Jahr rechnete noch niemand mit dem
«Ibiza-Video», dem Ende der rechtskonservativen Regierung
in Österreich - und dem Comeback des Rauchverbots in Österreich.

2015 hatte die damalige SPÖ-ÖVP-Regierung das Rauchverbot für die
Gastronomie schon beschlossen, ab 2018 sollte es gelten. Doch nach
der Nationalratswahl im Herbst 2017 bildeten die konservative ÖVP und
die rechte FPÖ die neue Regierung und auf Druck der FPÖ wurde das
Verbot wieder gekippt. Dann kam am 17. Mai das «Ibiza-Video»,
veröffentlicht von «Spiegel» und «Süddeutscher Zeitung» - und s
tellte
die politische Landschaft in der Alpenrepublik auf den Kopf.

Die Aufnahmen zeigen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der eine
vermeintliche russische Oligarchen-Nichte zu möglicherweise
illegalen Parteispenden und zum Kauf der einflussreichen
«Kronen-Zeitung» bewegen will. Die Folgen sind bekannt: Die Regierung

brach zusammen, sämtliche Minister und der damalige Kanzler Sebastian
Kurz verlieren ihre Ämter. Nun regiert in Österreich eine
Expertenregierung - und im Parlament entstehen je nach Thema
wechselnde Bündnisse.

Es dauerte nicht lange bis einige erkannten, dass unter diesen
Umständen auch das Rauchverbot wieder eine Chance hat. Und weil die
konservative ÖVP nach einiger Bedenkzeit ihre Unterstützung
signalisierte, ist das Rauchen ab dem 1. November in österreichischen
Gaststätten nur noch in Freiflächen erlaubt. Große Ausnahmen sind in

dem Gesetz nicht vorgesehen - also auch nicht für die Wasserpfeifen.

«Das ist ein Schwarz-Weiß-Gesetz», sagt Baran. Andere im Vorstand d
es
Verbands sprechen gar von Harakiri. Der Verkauf der vorbereiteten
Wasserpfeifen mach Baran zufolge etwas mehr als die Hälfte des
Umsatzes solcher Lokale aus. Der Preis pro Portion: 10 bis 15 Euro.
Um das zu kompensieren, müssten die Bars schon deutlich mehr Bier
oder Tee verkaufen. «Ohne Shishas können wir höchstens noch ein paar

Wochen überleben», erklärt Moe Duzdar, ebenfalls Betreiber einer Bar.

«Ibiza ist auch unser Untergang», sagt Baran. Laut dem Verband stehen

fast 500 Bars mit etwa 10 000 Mitarbeitern vor dem Aus - und das ohne
große Übergangsfrist. Ein politischer Ausweg ist derzeit nicht
in Sicht, die Gastronomen fühlen sich von den Parteien vertröstet.

Aus medizinischer Sicht gibt es keinen Grund, das Gesetz noch einmal
anzupassen, sagt Paul Sevelda, Präsident der Krebshilfe Österreich.
«Man muss grundsätzlich festhalten, dass Shishas nicht harmlos sind.»

Sowohl die Belastung mit Feinstaub als auch mit Kohlenmonoxid sei
hoch, zudem sei die Wasserpfeife für Jugendliche ein typischer
Einstieg beim Rauchen. «Jugendliche, die Shishas rauchen, haben ein
drei Mal höheres Risiko, später auch zu Zigarettenrauchern zu
werden», sagt der Mediziner.

Die Krebshilfe gehörte neben der Ärztekammer Wien zu den
Hauptinitiatoren eines Volksbegehrens, bei dem fast 882 000
Österreicher im Vorjahr ihre Stimmen für ein Rauchverbot abgaben. Für

die rechtskonservative Regierung Ex-Kanzler Kurz war das nicht genug.

Sevelda hat zwar Verständnis für die Sorgen der Bar-Betreiber - das
höhere Gut ist für ihn aber eindeutig die Gesundheit der Menschen.
«Die Darstellung, dass Shisha-Rauchen wie Zuckerl schlecken ist - das
stimmt einfach nicht», sagte Sevelda.

Für die Gastwirte ist derweil klar: Wer in ein Shisha-Lokal geht,
muss mit Rauch um sich herum rechnen. Das müsse auch jedem
Nichtraucher klar sein. Im Kampf um die eigene Existenz erwägen sie
nun eine Klage vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof. «Wir

sind in Gesprächen mit unseren Anwälten und auch sehr zuversichtlich.
Die Klage wird kommen», sagt Baran. So könnte das merkwürdige Hin und

Her um das österreichische Rauchverbot in der Gastronomie direkt in
die nächste Verlängerung gehen.