Bayern fordert für Pflege Bundeszuschuss aus Steuern

Pflege kostet: Energie, Zeit - aber vor allem Geld. Damit die
Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen das stemmen können, sieht
Bayerns Gesundheitsministerin den Bund in der Pflicht.

München (dpa) - Damit Pflege finanzierbar bleibt, muss der Bund aus
Sicht von Bayerns Pflegeministerin Melanie Huml an der Steuerschraube
drehen. Ein Steuerzuschuss sei sozialpolitisch geboten - etwa um
Fördermaßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Beruf und
Familie zu finanzieren, sagte die CSU-Politikerin der Deutschen
Presse-Agentur in München. «Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen
sollten finanzierbar und möglichst auch planbar sein.» Zu den enormen
Kraftanstrengungen vieler Angehöriger dürfe nicht noch die Angst vor
übermäßigen finanziellen Belastungen kommen.

«Bei der pflegerischen Versorgung handelt es sich um eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe», betonte Huml. Wie bei der
gesetzlichen Krankenversicherung und der Rentenversicherung sollten
versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln finanziert werden.
«Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass im heutigen
Leistungssystem der Pflegeversicherung alle notwendigen
Verbesserungen etwa bei einer besseren Bezahlung der Pflegekräfte
oder einer besseren Personalausstattung in den Pflegeheimen die
Eigenanteile der Pflegebedürftigen weiter ansteigen lassen werden.»
Die Ministerin nannte zu ihrer Forderung aber keine konkreten Zahlen.

Huml argumentierte unter anderem mit der Finanzlage der
Pflegeversicherung. Die Situation sei eigentlich noch bis 2023
stabil, hatte Gernot Kiefer, Vorstand des Spitzenverbands der
gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), im Juni gesagt. Durch die
Beitragserhöhung um 0,5 Punkte zu Jahresbeginn und die weiterhin
positive Wirtschaftslage werde für dieses Jahr ein Überschuss von
2,66 Milliarden Euro erwartet.

Im Moment liegt der Beitragssatz bei 3,05 Prozent des Bruttos -
Kinderlose zahlen 3,3 Prozent. Die Zahl der Leistungsempfänger
erhöhte sich binnen Jahresfrist auf 3,7 Millionen im Jahr 2018 (plus
10,4 Prozent). Die Ausgaben der Pflegeversicherung legten um 7,6
Prozent auf 38,2 Milliarden Euro zu.

Die Pflegeversicherung war 1995 eingeführt worden. Für jeden gilt
Versicherungspflicht, wie das Bundesgesundheitsministerium erklärt:
«Alle, die gesetzlich krankenversichert sind, sind automatisch in der
sozialen Pflegeversicherung versichert. Privat Krankenversicherte
müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.»

Wenn im Koalitionsvertrag von Union und SPD angekündigte neue
Leistungen und Ausgaben kämen, steige der Finanzbedarf um mindestens
gut vier Milliarden Euro, hatte Kiefer vor einem Monat allerdings
gesagt. Allein die geplante und nötige höhere Vergütung von
Pflegekräften dürfte mindestens 1,4 Milliarden Euro kosten.

Mit Blick auf den Koalitionsvertrag wies Huml darauf hin, dass auf
Bundesebene vereinbart worden war, die Regressmöglichkeit von
Sozialhilfeträgern gegen Kinder von Pflegebedürftigen zu beschränken

und künftig erst ab einer Einkommensgrenze von 100 000 Euro zu
ermöglichen. «Auch Pflegebedürftigen muss die Angst davor genommen
werden, ihren Familien eines Tages finanziell zur Last zu fallen»,
sagte sie. Für die Umsetzung der Vereinbarung sei der Bund zuständig.