Praxisärzte: Kassen sollten keine Homöopathie mehr finanzieren

In Deutschland wird immer wieder über die Homöopathie gestritten -
und darüber, ob die Beitragszahler die Kosten dafür tragen sollen.
Eine Entscheidung aus Frankreich heizt die Diskussion weiter an.

Berlin (dpa) - Patienten sollten homöopathische Leistungen aus Sicht
der Praxisärzte nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt bekommen.
Wer solche Mittel haben wolle, solle sie auch erhalten, «aber bitte
nicht auf Kosten der Solidargemeinschaft», sagte der Vorstandschef
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der
«Rheinischen Post» (Donnerstag). «Es gibt keine ausreichenden
wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit homöopathischer
Verfahren.» Im Nachbarland Frankreich sollen homöopathische
Arzneimittel ab 2021 nicht mehr von der Kasse erstattet werden.

Auch in der Koalition wird über die Finanzierung diskutiert. In
Deutschland ist Homöopathie kein Bestandteil des Leistungskatalogs
der gesetzlichen Krankenversicherungen. Allerdings erstatten viele
Kassen Versicherten Behandlungskosten für Naturheilverfahren, weil es
eine Nachfrage gibt. Dies ist auch ein Instrument im Konkurrenzkampf.

Gassen forderte die Kassen auf, ihre Finanzmittel in die ambulante
Versorgung zu leiten, «anstatt vor allem aus Marketingzwecken
Beitragsgelder für Homöopathie auszugeben». Die gesundheitspolitische

Sprecherin der FDP, Christine Aschenberg-Dugnus, sagte der Deutschen
Presse-Agentur: «Homöopathie sollte weiterhin nutzbar sein,
allerdings auf Selbstzahlerbasis.» Sie kritisierte, dass Kassen mit
freiwilligen Leistungen vor allem junge und gesunde Leute werben
wollten. Für einen echten Qualitätswettbewerb um die beste Versorgung
könnten nur Leistungen mit anerkanntem Nutzen in Betracht kommen.

Das französische Gesundheitsministerium erklärte, homöopathische
Mittel seien wissenschaftlich gesehen nicht ausreichend wirksam.
Daher sei eine Erstattung nicht gerechtfertigt. Von Januar 2020 an
soll der Anteil, den Krankenkassen erstatten, von 30 auf 15 Prozent
sinken. So solle Patienten, verschreibenden Ärzten und der Industrie
Zeit zur Anpassung gegeben werden. Das Bundesgesundheitsministerium
äußerte sich auf Anfrage am Donnerstag vorerst nicht dazu.

Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) forderten Klarheit von der
Politik. Die Kassen stünden «zwischen Baum und Borke», sagte der Chef

des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, der Funke-Mediengruppe
(Freitag). Nach Expertenmeinung gebe es keinen Nachweis in methodisch
hochwertigen Studien für die Wirksamkeit, Homöopathie werde aber von
einem Teil der Bevölkerung nachgefragt. Wie in Frankreich sei daher
der Gesetzgeber gefragt. «Dann müsste er Homöopathie als zusätzlich
e
Leistung der Krankenkassen explizit ausschließen.»

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hatte sich kürzlich gegen eine
Kostenerstattung von Homöopathie ausgesprochen. «Wir müssen in der
GroKo darüber reden», sagte er dem «Tagesspiegel». Es sollten auch

freiwillige Leistungen der Kassen wirtschaftlich und medizinisch
sinnvoll sein. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), der über die
Leistungen der gesetzlichen Kassen entscheidet, unterstützte dies.