Wenn die Bienenbrut stirbt - Seuche seit Jahren ungelöstes Problem Von Birgit Sander, dpa

Die Amerikanische Faulbrut rafft den Nachwuchs ganzer Bienenvölker
hinweg. Für den Menschen und für erwachsene Bienen ist sie
ungefährlich. Mit Medikamenten ist der Seuche nicht beizukommen.

Greifswald/Hohen Neuendorf (dpa) - Die Amerikanische Faulbrut richtet
in Bienenstöcken regelmäßig große Schäden an. «Ich sehe die Kra
nkheit
als ein seit Jahrzehnten ungelöstes Problem», sagt die
stellvertretende Direktorin des Länderinstituts für Bienenkunde in
Hohen Neuendorf bei Berlin, Elke Genersch. In den vergangenen
Jahrzehnten schwankte die Zahl der Ausbrüche in Deutschland demnach
zwischen 140 in 2018 und 440 im Jahr 1998. Auf einen Rückzug der
Seuche ließen die Zahlen nicht schließen: Es gebe seit den 1950er
Jahren ein stetes Auf und Ab der anzeigepflichtigen, für den Menschen
aber ungefährlichen Krankheit, erklärt die Wissenschaftlerin.

Am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems bei Greifswald
sieht Marc Schäfer durchaus einen Trend zur Abnahme der Fälle. Er
leitet das Nationale Referenzlabor für Bienenkrankheiten am
Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. Die sinkende Zahl von
Ausbrüchen führt Schäfer auf verstärktes Monitoring zurück. «Di
e
Überwachung ist besser geworden, auch die Aufklärung der Imker»,
erklärt der Wissenschaftler. So schickten Imker häufiger freiwillig -
oder zufällig ausgewählt - Proben zur Früherkennung der Brutkrankheit

ein.

Die Seuche wird durch Bakterien mit dem Fachnamen Paenibacillus
larvae verursacht. Gelangen deren Sporen in einen Bienenstock und
werden beim Füttern an die Larven gegeben, sterben diese. Werden die
toten Nachkommen nicht von Arbeiterinnen entfernt, weil die jeweilige
Brutzelle schon mit einem Wachsdeckel versehen wurde, entstehen darin
Millionen neuer Sporen. Sie sind äußerst widerstandsfähig und könne
n
30 Jahre und länger überleben.

Ein Imker kann Schäfer zufolge nicht ohne weiteres und sofort sehen,
was los ist. Beim Verdacht auf Amerikanische Faulbrut müsse er die
Veterinärbehörde informieren. Teile der Amtstierarzt den Verdacht,
sperre er den Bienenstand und nehme Proben. Bestätige sich der
Verdacht im Labor, werde ein Sperrgebiet von mindestens einem
Kilometer um den Ausbruchsherd festgelegt. Bienenvölker dürfen aus
dem Sperrgebiet weder hinaus- noch in dieses hineingebracht werden.

Das weitere Verfahren ist je nach Bundesland unterschiedlich: In
einigen Ländern wie Brandenburg müssen die betroffenen Völker getöt
et
werden. Die Zahlung der Tierseuchenkasse kompensiere den Schaden
nicht, räumt Schäfer ein. Anderswo sei eine Sanierung der Völker
zulässig, aber nicht immer möglich. Dafür werden die Bienen in einen

gereinigten Kasten auf neue Rahmen geschüttelt. Wenn sie mit dem Bau
von Waben beginnen, werden ihnen diese mehrfach weggenommen, bis
ihnen durch das Bauen und Putzen wahrscheinlich keine Sporen mehr
anhaften.

Mit Medikamenten ist der Seuche nicht beizukommen - Antibiotika
dagegen sind in der EU nicht zugelassen. «Antibiotika töten die
Sporen nicht ab», sagt Schäfer. «Woher die Sporen kommen, ist von der

Wissenschaft noch nicht vollständig beantwortet.» Bienen, auch aus
dem Ausland, dürften nur mit Gesundheitszeugnis verkauft werden.
Importhonig könne Sporen enthalten. «Aber welcher Imker verfüttert
Honig?», meint Genersch. Am ehesten erfolge die Weiterverbreitung
wohl durch Räuberei: Gesunde Bienen treffen auf geschwächte Völker
und rauben deren Honig, anstatt Nektar zu sammeln. Damit infizieren
sie ihre Brut.

Friedrich Karl Tiesler, Beiratsmitglied für Zuchtwesen beim Deutschen
Imkerbund, hält die Infektion durch Auslandshonig für nicht so
abwegig. Auch vernachlässigte Bienenstände könnten eine Quelle sein.

Mit den verbesserten Diagnosemethoden der vergangenen Jahre sei die
Faulbrut aber in den Griff zu bekommen.