CO2-Steuer auf Sprit und Heizen - Was bedeutet das für wen? Von Teresa Dapp und Andreas Hoenig, dpa

Tanken und Heizen mit Öl und Gas wird teurer, trotzdem sollen viele
Menschen am Ende sogar mehr im Geldbeutel haben: Das ist die Idee von
Umweltministerin Schulze. Was würde ein CO2-Preis samt «Klimaprämie
»
bedeuten - für Familien, Singles, Pendler, Handwerker?

Berlin (dpa) - Das Wort CO2-Preis geistert schon lange durch die
Klimaschutz-Debatte. Nun wird es konkret. Umweltministerin Svenja
Schulze hat sich drei Wissenschaftler an die Seite geholt, um für
ihren Vorschlag zu werben: Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas sollen
über einen Steueraufschlag verteuert werden, damit die Leute sich
klimafreundlich verhalten - und die Wirtschaft für Innovationen
sorgt, die Deutschland weg von fossilen Brennstoffen bringen.

Die drei haben schon mal durchgerechnet, was das bedeuten würde für
die Rentnerin auf dem Land, das kinderlose Paar mit zwei Autos, die
Familie in der Stadt. Ein Konzept sei das aber nicht, betont die
SPD-Politikerin Schulze, schon gar nicht ihres, sondern ein «Beitrag
zur Debatte». Es wird noch hoch hergehen in der großen Koalition,
denn in der Union gibt es entschiedene Gegner eines CO2-Preises.

Ganz wichtig ist der SPD dabei: Wenn der CO2-Preis kommt, etwa als
Steueraufschlag auf fossile Kraft- und Heizstoffe, soll das Geld nach
Schulzes Plänen nicht ins Säckel des Staates wandern, sondern als
«Klimaprämie» zurückgehen an die Bürger. Auch Unternehmen sollen

etwas zurückbekommen, zum Beispiel über Förderprogramme. Sowieso
brauche es ein «umfangreiches Maßnahmenpaket», betont Schulze, denn
der CO2-Preis sei kein «Allheilmittel» - aber ein Baustein.

So könnte das aussehen, beruhend auf den Studien des Deutschen
Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), des Instituts für
Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung sowie
des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS):

DER CO2-PREIS: Von 2020 an gibt es einen Aufschlag auf die
Energiesteuern auf Diesel, Benzin, Heizöls und Erdgas. Zum Start sind
das 35 Euro pro Tonne Kohlendioxid (CO2), die beim Verbrennen
entsteht. Das steigt aber schnell an, bis es im Jahr 2030 dann 180
Euro sind. Dieser Einstiegspreis würde bedeuten, dass Diesel und
Heizöl um etwa 11 Cent pro Liter teurer würden, Benzin um nicht ganz
zehn Cent und Erdgas um knapp ein Cent pro Kilowattstunde. Pro
Schritt von zehn Euro kämen ungefähr 3 Cent dazu.

DIE RÜCKZAHLUNG: Eine «Klimaprämie» soll zurück an die Bürger
gehen,
zum Beispiel 80 Euro pro Kopf und Jahr zum Start - unabhängig vom
Alter oder vom Einkommen. Unternehmen sollen das Geld nicht einfach
so, sondern eher über Förderprogramme zurückbekommen. Perspektivisch

könnte ein Teil der Einnahmen auch dazu dienen, die Stromsteuer zu
senken und Strom - aus Klimaschutz-Sicht am besten Ökostrom etwa aus
Wind und Sonne - billiger zu machen.

DER KLIMASCHUTZ: Es ist schwer vorhersagen, wie oft die Menschen
wegen eines CO2-Preises das Auto stehen lassen, die Heizung
runterdrehen, auf ein Elektroauto umsteigen oder neue Fenster
einbauen würden. Bis 2030 könnten in den Bereichen Verkehr und Heizen
6 bis 22 Prozent der Treibhausgase eingespart werden, was 19 bis 74
Millionen Tonnen CO2 pro Jahr entspreche, sagt FÖS-Experte Uwe
Nestle. Allerdings seien Technologiesprünge, die der CO2-Preis ja
befördern soll, dabei nicht eingerechnet.

Was das für wen bedeutet, hängt von vielen Faktoren ab: Wie viel
Sprit das Auto schluckt, wie viel man fährt, welche Heizung das Haus
hat, wie sparsam oder großzügig man heizt, wie groß Haus oder Wohnung

sind. Das DIW hat anhand von Durchschnittswerten Beispiele
berechnet: 

FAMILIEN: Da die «Klimaprämie» pro Kopf ausgezahlt wird, haben
Familien mit Kindern einen Vorteil. Eltern mit einem Kind, die beide
arbeiten, zur Miete wohnen und kein eigenes Auto haben, könnten 27
Euro pro Monat mehr in der Tasche haben. Ein Paar mit zwei Kindern,
Mietwohnung in der Stadt und einem Auto hätte fünf Euro mehr im
Monat. Dagegen hätten die Eltern mit drei Kindern, zwei Autos und
einem Eigenheim auf dem Land, von wo der Hauptverdiener über 20
Kilometer am Tag pendelt, einen Euro weniger im Monat.

PAARE: Für das Modell «Doppeltes Einkommen, keine Kinder» plus
eigenes Haus und zwei Autos könnte der CO2-Preis zum Start bedeuten,
pro Monat 12 Euro draufzuzahlen.

ALLEINERZIEHENDE/ALLEINSTEHENDE: Wer alleine ein oder zwei Kinder
groß zieht, könnte ein Mini-Plus von drei Euro machen. Eine Rentnerin
mit Auto, die auf dem Land zur Miete wohnt, hätte etwa einen Euro
weniger im Monat und damit fast keine zusätzlichen Kosten. Fünf Euro
mehr zahlt eine Arbeitnehmerin ohne Kinder, die mit Auto zur Miete
wohnt. Ein Student in der Stadt könnte fünf Euro mehr im Monat haben.
Extra-Hilfen - etwa für Pendler - schließt Schulze nicht aus.

UNTERNEHMEN und DIENSTLEISTER: Anders als etwa in der Schweiz, wo
Unternehmen je nach Lohnsumme Geld zurück bekommen, will Schulze
nicht «mit der Gießkanne» verteilen. Helfen will sie etwa besonders
Betroffenen wie Hebammen, Handwerkern, Kranken- und Pflegediensten,
die viel unterwegs sind. Als eine Möglichkeit nennt Schulze einen
Investitionskosten-Zuschuss zur Anschaffung von Elektroautos.
Ausnahmen für Logistik- und Transportunternehmen, die im
internationalen Wettbewerb stehen, würde sie in Betracht ziehen.