BGH entscheidet: Muss der Online-Händler die Matratze zurücknehmen?

Die drückenden Sandalen, den Bikini in den unmöglichen Farben, das
Buch, das die Freundin schon hat - wer im Internet einkauft, schickt
vieles problemlos zurück. Aber nicht alles.

Karlsruhe (dpa) - Beim Einkaufen im Internet schützt das
Widerrufsrecht Verbraucher vor teuren Fehlentscheidungen - aber muss
der Online-Shop auch eine ausgepackte Matratze zurücknehmen? Das
entscheidet sich am Mittwoch (9.30 Uhr) mit einem Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe. (Az. VIII ZR 194/16)

Der Käufer wollte die Matratze nach wenigen Tagen nicht mehr haben,
hatte inzwischen aber die Schutzfolie entfernt. Der Händler weigert
sich deshalb, die Ware zurückzunehmen. Gestritten wird um den
Kaufpreis von mehr als 1000 Euro und die Speditionskosten.

Grundsätzlich können Kunden online gekaufte Dinge binnen 14 Tagen
zurückschicken. Das soll ihnen die Möglichkeit geben, das Produkt so
zu prüfen und auszuprobieren, wie man das normalerweise im Geschäft
tun könnte. Auf einer Matratze könnte man zum Beispiel probeliegen.

Vom Widerrufsrecht gibt es aber verschiedene Ausnahmen. Nicht
retournieren können Kunden laut Gesetz unter anderem versiegelte
Waren, «die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene
nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der
Lieferung entfernt wurde» - wie Zahnbürsten oder Lippenstifte.

Umstritten ist, ob unter diese Formulierung auch Matratzen fallen.
Das hängt davon ab, wie man die Vorschrift auslegt. Darüber
verhandelt wurde in Karlsruhe schon 2017. Weil die Regelung im
Bürgerlichen Gesetzbuch auf eine beinahe wortgleiche EU-Richtlinie
zurückgeht, hatten die BGH-Richter damals aber die Kollegen am
Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg eingeschaltet.

Inzwischen gibt es dort eine Entscheidung. Der EuGH meint: Eine
Matratze kann auch ohne Schutzfolie zurückgegeben werden. Ähnlich wie
bei Kleidungsstücken, die bei der Anprobe ebenfalls in Kontakt mit
dem Körper kommen, sei es dem Händler möglich, eine Matratze so zu
reinigen oder zu desinfizieren, dass sie anschließend wiederverwendet
werden kann, urteilten die Richter Ende März. Sie hatten sich
überlegt, dass ja auch Hotelgäste nacheinander im selben Bett
schlafen. Außerdem gebe es einen Markt für gebrauchte Matratzen.

Der BGH entscheidet den deutschen Streit nun nach dieser Vorgabe. Der
Online-Händler war 2015 und 2016 schon vor Gerichten in
Rheinland-Pfalz unterlegen. Weil es zu den Matratzen unter Juristen
keine einheitliche Meinung gab, hatte das Mainzer Landgericht die
Revision zugelassen, um die Frage höchstrichterlich klären zu lassen.