«Vater» von Klonschaf Dolly: Ian Wilmut wird 75 Von Silvia Kusidlo, dpa

Klonschaf Dolly brachte ihm Ruhm und Ärger ein. Später kümmerte sich

der Forscher Ian Wilmut um ein Kunstprojekt zu van Goghs
abgeschnittenem Ohr - und zurzeit um die Parkinson-Erkrankung.

Edinburgh (dpa) - Sein geklontes walisisches Bergschaf war zugleich
Sensation als auch Tabubruch. Ian Wilmut ist einer der «geistigen
Väter» des Lamms Dolly. Das Schaf war die erste exakte Kopie eines
Säugetiers. Einen biologischen Vater hatte es nicht. Damit legten
Wilmut und sein Team den Grundstein für einen Klontier-Zoo. Doch der
Erfolg brachte dem Briten, der am 7. Juli 75 Jahre alt wird, auch
Ärger ein. Inzwischen widmet er sich einem ganzen anderen Gebiet.

Wilmut, emeritierter Professor an der schottischen Universität
Edinburgh, unterstützt jetzt eine Forschungsinitiative zur
Parkinson-Krankheit. «Er ist beratend tätig», berichtete eine
Sprecherin der Hochschule. Ein eigenes Team habe er nicht mehr. Die
«Schüttellähmung» trifft vor allem ältere Männer - Wilmut ist s
elbst
erkrankt. Ursache für Parkinson ist das Absterben von Nervenzellen im
Gehirn. Die Folgen sind neben Zittern unter anderem Gangstörungen.

Auch mit der Erschaffung von Dolly, die nach der Country-Sängerin
Dolly Parton benannt ist, trug Wilmut zur medizinischen Forschung
bei. Am 5. Juli 1996 wurde das besondere Lamm geboren und wenige
Monate später der staunenden Öffentlichkeit präsentiert. Inzwischen
wird die Methode bei vielen Tieren angewandt. So werden etwa in
Deutschland für die medizinische Forschung Schweine geklont, die an
Diabetes oder Mukoviszidose erkrankt sind. In anderen Ländern
entstehen mit der Methode vor allem Pferde und Rinder für die Zucht.

Dolly entstand mit Hilfe des somatischen Zellkerntransfers. Um den
Klon zu schaffen, entfernten die Forscher vom Roslin-Institut in der
Nähe von Edinburgh bei einer Eizelle den Zellkern. An seiner Stelle
platzierten sie den Zellkern einer Körperzelle aus einem Schafseuter.
Die veränderte Eizelle wurde in einer Nährlösung zur Teilung angeregt

und dann einer Ersatzmutter eingepflanzt.

Viele fürchteten damals, dass der Weg zum geklonten Menschen nicht
mehr weit sein könnte. Solche Kopien von Menschen lehnte Wilmut aber
bereits kurz nach dem Durchbruch ab: «Wie soll ich damit klarkommen,
mit jemandem zusammen zu leben, der genauso ist wie ich?», fragte er
einmal in einem Interview. Auch das Klonen von Tieren wird heute noch
oft kritisiert, unter anderem weil viele Versuche scheitern.

Andere feiern Wilmut dagegen nach wie vor wie einen Star. Inzwischen
musste der Forscher allerdings zugeben, dass die meisten Experimente
sein damaliger Mitarbeiter Keith Campbell gemacht hat. Er selbst sei
nun aber einmal der Laborleiter gewesen, betonte Wilmut. Er bekam
viele wissenschaftliche Auszeichnungen, darunter auch den
renommierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis.

Wilmut forscht nicht mehr, ist aber als Experte nach wie vor gefragt
- sogar in der Kunst. So hat er die in Hildesheim geborene Künstlerin
Diemut Strebe beraten, die eine Reproduktion des Ohrs vom Maler
Vincent van Gogh anfertigte. Zum Einsatz kamen dabei ein
3D-Bioprinter und die DNA eines Nachfahrens vom niederländischen
Künstler. Van Gogh schnitt sich das Ohr vermutlich selbst ab. Wilmut
sei einer der «beeindruckendsten, unvoreingenommensten und
umsichtigsten Menschen», die sie je getroffen habe, schwärmte Strebe.

Und was ist mit Dolly passiert? Ein Leben im Grünen war ihr nicht
vergönnt. Das berühmte Schaf lebte - zum Schutz vor Klongegnern und
Hagelkörnern - in einem streng bewachten Betonblock und zerkaute
Pillen mit Nahrungsmittelkonzentrat. Viel zu jung litt es an
Gelenkbeschwerden, später kam eine Lungenerkrankung hinzu.
Schließlich schläferten die Forscher Dolly im Alter von sechs Jahren
ein. Normalerweise werden Schafe fast doppelt so alt.

Der Nachwelt blieb sie trotzdem erhalten. Das berühmteste Schaf der
Welt steht ausgestopft in einer Vitrine im Königlichen Museum in
Edinburgh. Es scheint zu lächeln. Für Wilmut ist Dolly ohnehin «das

freundlichste Schaf» gewesen. Angst vor Menschen habe sie nie gehabt.