Ärzte erwarten Grundsatzentscheidung des BGH zu Sterbebegleitung

Ein körperlich kranker Mensch begeht Suizid. Ein Arzt begleitet ihn
beim Sterben und verzichtet auf lebensrettende Maßnahmen. Macht sich
der Mediziner dadurch strafbar? Das soll ein BGH-Urteil klären.

Leipzig (dpa) - Am Bundesgerichtshof (BGH) wird an diesem Mittwoch
(3. Juli) eine grundsätzliche Entscheidung zu Sterbehilfe und
Sterbebegleitung durch Ärzte erwartet. Es geht um zwei Fälle, bei
denen Mediziner aus Berlin und Hamburg kranke Menschen nach der
Einnahme tödlicher Medikamente bis zum Tod begleitet hatten, ohne
lebensrettende Maßnahmen zu ergreifen. Die Landgerichte in Berlin und
Hamburg sprachen die Mediziner frei. Dagegen legten die
Staatsanwaltschaften Revision ein, nun liegen die Fälle beim 5.
Strafsenat des BGH in Leipzig. «Das ist ein sehr relevantes Urteil,
weil es um grundsätzliche Fragen geht», sagte der Sprecher des
Marburger Bundes, Hans-Jörg Freese.

Beide Fälle liegen schon Jahre zurück: 2013 schluckte eine chronisch
kranke Frau in Berlin eine tödliche Dosis eines Schlafmittels. Danach
informierte sie ihren Arzt, der sie bewusstlos fand und, wie zuvor
verabredet, ihr Sterben begleitete. Der Hamburger Mediziner war
dabei, als 2012 zwei über 80 Jahre alte, kranke Frauen auf eigenen
Wunsch aus dem Leben schieden. Beide Mediziner wurden freigesprochen.
In beiden Fällen sei es der klare Wille der Patienten gewesen, ihr
Leben zu beenden. Dieser Wille sei zu respektieren, so die Gerichte.
Gegen die Freisprüche legten die Anklagevertreter Revision ein.

Schon nach ihrer Berufsordnung dürften Ärzte keine aktive Hilfe zur
Selbsttötung leisten, erläuterte Freese. Zugleich müssten Mediziner
aber Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres
Willens beistehen. «Die Frage ist immer: Was heißt das?», sagte
Freese. Der BGH wird klären müssen, ob sich Mediziner strafbar
machen, wenn sie in einem solchen Fall auf lebensrettende Maßnahmen
verzichten. Die Staatsanwaltschaften hatte die Mediziner wegen
Totschlags sowie Tötung auf Verlangen angeklagt.

Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland nicht erlaubt. Seit 2015 gilt
zudem das Verbot der «geschäftsmäßigen Förderung der
Selbsttötung». Dieses zielt auf Sterbehilfe als Geschäftsmodell
organisierter Vereine. Gegen das Verbot haben schwerkranke Menschen,
Ärzte und Sterbehilfe-Vereine beim Bundesverfassungsgericht geklagt.
Eine Entscheidung in Karlsruhe wird im Herbst erwartet.