Konferenz: Wie ökonomisiert darf das Gesundheitssystem sein Von Joachim Mangler, dpa

Bei der medizinischen Versorgung sollte der Patient immer im
Vordergrund stehen. Doch oft genug scheinen nur die Zahlen wichtig zu
sein. Die Rostocker Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft sucht
Wege, das zu ändern.

Rostock (dpa/mv) - Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat
sich für eine umfassende Diskussion über die Ökonomisierung des
Gesundheitswesens ausgesprochen. Es müsse geklärt werden, welche
Bereiche als Daseinsvorsorge für die Menschen benötigt werden oder wo
die Regeln des Marktes einen zu großen Platz eingenommen hätten,
sagte Schwesig am Mittwoch bei der 15. Nationalen in Rostock. Wie in
den Bereichen Wohnen oder schnelles Internet müsse die Politik wieder
stärker regeln, welche Bereiche echte Daseinsvorsorge sind.

«Wir müssen uns die Frage stellen: Wieviel Gewinn ist im
Gesundheitsbereich zulässig», sagte Schwesig. Es gehe um die Beiträge

der Versicherten. Diese müssten vollständig für gute Leistungen an
den Patienten eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang müsse auch
überprüft, ob die 2004 eingeführten Fallpauschalen auch weiter ihre
Berechtigung haben.

Bei der Finanzierung des Gesundheitswesens müsse sichergestellt
werden, dass darauf geschaut wird, was für den Patienten notwendig
ist und nicht, was sich rentiert, betonte Schwesig. «Pfleger und
Ärzte fühlen sich im jetzigen System unter Druck.» Sie hätten zu
wenig Zeit, es gehe oft nur darum, womit Geld verdient wird.

Auch der Tagungspräsident Marek Zygmunt kritisierte die
Fallpauschalen. Sie seien eingeführt worden, um die «exorbitante»
Kostensteigerung im stationären Bereich zu dämpfen. «Das Gegenteil
ist passiert.» Gleichzeitig gebe es eine deutliche
Effizienzsteigerung durch Verkürzung der Behandlungszeiten und damit
mehr Patienten pro Zeiteinheit. Allerdings habe der Europäische
Gesundheitsmonitor Deutschland eine schlechte Note gegeben: «In den
vergangenen Jahren ist Deutschland von Platz sechs auf Platz zwölf
abgerutscht», sagte Zygmunt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, dass das
Hauptproblem in der Pflege nicht das fehlende Geld sei. Durch
gesetzliche Änderungen sei zusätzliches Geld für mehr Stellen und
bessere Bezahlung zur Verfügung gestellt worden. «Unser Hauptproblem
im Moment ist, diese Stellen zu besetzen.» Dadurch entstehe der
Stress für die Leute, die beispielsweise auf den Stationen arbeiten.

Allerdings warteten europa- und weltweit wahrscheinlich einige
Tausend Pflegekräfte auf ein Visum nach Deutschland. Sie könnten
morgen anfangen, hier zu arbeiten, sagte Spahn. Er sei mit
Außenminister Heiko Maas (SPD) im Gespräch, zu schnelleren Verfahren
zu kommen.

Ein weiterer Punkt für die Verbesserung des Gesundheitssystems ist
für die Ministerpräsidentin die stärkere Kooperationen von ambulantem

und stationärem Bereich. Als Beispiel nannte sie die kinderärztliche
Versorgung auf dem Land: Kinderstationen in kleinen Krankenhäusern
bräuchten zur Versorgung mehrere Fachärzte. Diese seien dann aber
nicht ausgelastet, weil es zu wenige kranke Kinder gibt. Gleichzeitig
fehle in diesen Regionen der niedergelassene Kinderarzt. «Dann lass
uns doch die Kinderstation für ambulante Versorgung öffnen.»