Besser sechs als fünf: Zusätzliche Finger bringen motorische Vorteile

Freiburg (dpa) - Menschen mit sechs statt der üblichen fünf Finger an
einer Hand haben motorische Vorteile. Das hat ein Forscherteam um den
Freiburger Neurowissenschaftler Carsten Mehring herausgefunden.
Demnach kann eine Polydaktylie - eine angeborene Überzahl von Fingern
oder Zehen - die Bewegungsfähigkeit deutlich erweitern. So seien
Menschen mit sechs Fingern in der Lage, Bewegungen mit nur einer Hand
auszuführen, für die Menschen mit fünf Fingern beide Hände benöti
gen,
berichten die Wissenschaftler aus Freiburg, London und Lausanne im
Fachjournal «Nature Communications».

Die Forscher untersuchten für ihre Studie zwei Menschen, die an
beiden Händen jeweils einen zusätzlichen Finger zwischen Daumen und
Zeigefinger ausgebildet haben. Während der Experimente wurde die
Gehirnaktivität mithilfe funktionaler Magnetresonanztomographie
(fMRT) beobachtet.

Dabei zeigte sich, dass die zusätzlichen Finger mit eigenen Muskeln
und Nerven bewegt werden - die Menschen können sie dadurch
weitestgehend unabhängig von den anderen Fingern bewegen. «Unsere
Probanden können ihre zusätzlichen Finger frei einsetzen, ähnlich wie

einen weiteren Daumen - und das allein oder zusammen mit den anderen
fünf Fingern», erklärte Mehring. «Dadurch können sie ihre Hand
außergewöhnlich vielseitig und geschickt nutzen.»

Nach Angaben der Forscher könnte die Studie die Entwicklung von
zusätzlichen künstlichen Gliedmaßen vorantreiben. Denkbar wäre
demnach zum Beispiel ein zusätzlicher Roboterarm, der Chirurgen
ermöglicht, Operationen ohne Assistenz auszuführen. Allerdings
betonten die Wissenschaftler, dass Menschen mit Polydaktylie den
Umgang mit ihren zusätzlichen Gliedmaßen von Geburt an gelernt haben.
Daher könne man nicht zwingend eine ähnliche Funktionalität
erreichen, wenn künstliche Gliedmaßen zu einem späteren Zeitpunkt im

Leben ergänzt würden.