Umfrage: Fast jeder Zweite für Widerspruchslösung bei Organspende

Fast 10 000 Patienten in Deutschland warten auf Organe. Die große
Mehrheit der Menschen hierzulande ist für Organspenden. Die von
Bundestagsabgeordneten vorgeschlagene sogenannte Widerspruchslösung
spaltet einer Umfrage zufolge jedoch.

Berlin (dpa) - Die meisten Menschen in Deutschland stimmen
lebensrettenden Organspenden zu - weit weniger allerdings befürworten
dabei einer neuen Umfrage zufolge die sogenannte Widerspruchslösung.
Laut einer repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts
YouGov im Auftrag des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND/Samstag)
sprachen sich 47 Prozent der Befragten dafür aus, 38 Prozent dagegen,
15 Prozent machten keine Angaben. Bei der Widerspruchslösung gilt
jeder Bürger so lange als Organspender, bis er dem ausdrücklich
widerspricht. Nach einer im Juli 2018 veröffentlichten Befragung der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen 84 Prozent der
Deutschen der Organ- und Gewebespende positiv gegenüber.

Zahlreiche Bundestagsabgeordnete streben eine Neuregelung an. So
sieht eine Gruppe um Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach eine «doppelte Widerspruchslösung»

vor: Alle Volljährigen sollen automatisch als Organspender gelten.
Man könnte dazu aber noch Nein sagen. Sonst wäre - als doppelte
Schranke - auch bei Angehörigen nachzufragen.

Eine andere Gruppe von Abgeordneten um Grünen-Vorsitzende Annalena
Baerbock und Linke-Chefin Katja Kipping will, dass alle Bürger
mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen auf das Thema
Organspende angesprochen werden. Ihr Gesetzentwurf sieht dafür ein
neues bundesweites Online-Register vor. Dort soll man seine
Entscheidung für oder gegen eine Organspende nach dem Tod eintragen
und auch ändern können.

Über die Entwürfe soll der Bundestag voraussichtlich im Herbst ohne
Fraktionsvorgaben entscheiden. Ziel ist es, angesichts von fast
10 000 Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organspenden zu kommen.
Die Zahl der Spender war nach langem Abwärtstrend 2018 erstmals
wieder spürbar gestiegen - auf 955. Organentnahmen sind bislang nur
erlaubt, wenn der Spender oder die Angehörigen ausdrücklich Ja sagen.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sprach sich für die
Widerspruchslösung aus. «Ich halte sie für die Lösung, die uns
langfristig am besten weiterbringen wird», sagte Montgomery der
Deutschen Presse-Agentur. Er erinnerte daran, dass sich die
Delegierten des Deutschen Ärztetags bereits im vergangenen Jahr für
die Widerspruchslösung ausgesprochen hätten. Am kommenden Dienstag
beginnt der nächste Ärztetag in Münster.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
monierte dagegen, die jüngste Umfrage zur Widerspruchslösung lasse
daran zweifeln, dass die Einführung eine deutliche Steigerung der
Organentnahmen bringen würde. Denn der Gesetzentwurf von Spahn und
Lauterbach habe keine Mehrheit. Die Widerspruchslösung mobilisiere
offensichtlich Ablehnung.