Mehr Querschnittlähmungen nach Zulassung von E-Tretrollern befürchtet

Koblenz/Ulm (dpa) - Nach dem grünen Licht des Bundesrats für
Elektro-Tretroller warnt eine Medizinergesellschaft vor mehr Unfällen
mit Querschnittlähmungen. Es sei mehr Arbeit zu erwarten, sagte der
Erste Vorsitzende der Deutschsprachigen Medizinischen Gesellschaft
für Paraplegiologie (DMGP), Yorck-Bernhard Kalke, der Deutschen
Presse-Agentur. «Ich bin heilfroh, dass E-Tretroller nun doch nicht
auf Bürgersteigen fahren dürfen.» Das könnte noch mehr schwere
Unfälle nach sich ziehen. Vermutlich gebe es ohnehin auch genug
ältere Menschen, die sich jung fühlten, sich jetzt sogenannten
E-Scooter besorgten und die Gefahren unterschätzen könnten.

Schon der Boom der E-Bikes spiegele sich in einer zunehmenden Zahl
von Querschnittlähmungen wider, sagte Kalke, der Ärztlicher Leiter
des Querschnittgelähmtenzentrums Ulm ist. «Ich befürchte, dass es
noch mehr werden, weil ältere Herrschaften ihre Geschwindigkeit
unterschätzen könnten», ergänzte Kalke. Allein im Bereich des
bayerischen Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West seien 2018 sechs
E-Bike-Fahrer bei Unfällen getötet und 240 verletzt worden, darunter
zwei mit einer Querschnittlähmung: «Rechnen Sie das mal hoch für ganz

Deutschland!»

Nach Angaben des Unfallchirurgen gibt es wegen des demografischen
Wandels seit 2010 bundesweit jedoch mehr neue krankheits- als
unfallbedingte Querschnittlähmungen. Grund: Die Deutschen werden
älter und im Alter kommen mehr Krankheiten. An der Uniklinik Ulm zum
Beispiel sei das durchschnittliche Alter der querschnittgelähmten
Patienten in den vergangenen 25 Jahren von etwa 30 auf jetzt rund 60
Jahre gestiegen. Auch Metastasen bei Krebs, Osteoporose und
Entzündungen könnten zu Querschnittlähmungen führen. Somit wächst

Kalke zufolge auch deren Gesamtzahl. Derzeit gebe es rund 140 000
Querschnittgelähmte in Deutschland.