Kabinett beschließt Azubi-Mindestlohn und Unterstützung für SED-Opfer

Bei vielen großen Themen liegen Union und SPD weit auseinander. Doch
die Regierung bringt auch Projekte auf den Weg - und Zehntausende
Menschen sollen davon profitieren.

Berlin (dpa) - Moped-Führerschein ab 15 und Mindestlohn für Azubis -
das Bundeskabinett hat am Mittwoch zwei Themen auf den Weg gebracht,
von denen vor allem junge Menschen profitieren. Kurz vor der
Europawahl und drei nahenden Landtagswahlen in Ostdeutschland konnte
sich die Regierung zudem auf eine Reihe weiterer Beschlüsse einigen,
die für Bundesbürger von Nutzen sein können.

Die Entscheidungen im Überblick:

MINDESTLOHN FÜR AZUBIS: Zehntausende Azubis bekommen bald mehr Geld.
Das Bundeskabinett hat eine neue Mindestvergütung für Auszubildende
auf den Weg gebracht. So sollen diese ab dem kommenden Jahr
mindestens 515 Euro im Monat erhalten. Das sieht eine Reform des
Berufsbildungsgesetzes von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek
(CDU) vor. Wer 2021 seine Lehre beginnt, soll mindestens 550 Euro
bekommen, 2022 sollen es 585 Euro sein und im Jahr darauf 620 Euro.

In den weiteren Ausbildungsjahren soll die Mindestvergütung höher
liegen. Es kann aber Ausnahmen geben: Einigt sich eine Gewerkschaft
mit Arbeitgebern in einem Tarifvertrag auf eine niedrigere Vergütung,
kann regional oder in bestimmten Branchen auch nach unten von den
neuen Grenzen abgewichen werden.

MOPED MIT 15: Jugendliche dürfen künftig schon mit 15 Jahren ein
Moped fahren - allerdings nur, wenn ihr Bundesland das so festlegt.
Der Bund hat beschlossen, den Ländern zu ermöglichen, das
Mindestalter von derzeit 16 Jahren dauerhaft auf 15 zu senken. Das
kommt vor allem in ländlichen Regionen gut an. Mopeds sind leichte
Kleinkrafträder, die maximal 45 Kilometer pro Stunde schnell sind. Um
sie fahren zu dürfen, braucht man einen Führerschein der Klasse AM.
In den ostdeutschen Bundesländern gab es zuvor Pilotversuche.

SED-OPFER: Ehemalige Heimkinder und andere Opfer politischer Willkür
in der DDR sollen bald einfacher Entschädigungen bekommen. Vor allem
sollen sie ihre Ansprüche auf Entschädigungen einfacher durchsetzen
können, zum Beispiel, wenn sie als kleines Kind im DDR-Heim landeten
und bis heute nicht genau nachweisen können, warum. Außerdem werden
die Antragsfristen in den Rehabilitierungsgesetzen gestrichen.

HEBAMMEN AN DER HOCHSCHULE: Die Ausbildung von Hebammen soll umgebaut
werden - zu einem dualen Studium. Dieses soll mindestens sechs und
höchstens acht Semester dauern. Es schließt mit einer staatlichen
Prüfung ab. Die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen
dazu beitragen, gestiegenen Anforderungen und der hohen Verantwortung
des Berufes besser gerecht zu werden. Das Gesetz soll Anfang Januar
2020 in Kraft treten. Bisher dauert die Ausbildung drei Jahre. Sie
umfasst theoretischen und praktischen Unterricht in Hebammenschulen
und an Krankenhäusern.

AUTO-ERSATZTEILE: Große Reparaturen am Auto könnten bald deutlich
billiger werden. Die Bundesregierung hat beschlossen, den
Ersatzteilmarkt für freie Hersteller öffnen. Bisher dürfen Zulieferer

solche Bauteile nicht nachbauen. Künftig sollen Verbraucher bei
Reparaturen wählen können, ob sie das Original-Ersatzteil oder ein
oft günstigeres von einem unabhängigen Hersteller wollen. Bisher ist
der Nachbau sichtbarer Ersatzteile für Zulieferer untersagt, denn die
Hersteller können sich auf einen Designschutz berufen.

REFORM DES STRAFVERFAHRENS: Gerichtsverfahren sollen zügiger
durchgezogen werden. Unter anderem soll es weniger Möglichkeiten
geben, Hauptverhandlungen durch in aller Regel unbegründete
Befangenheitsanträge zu stören oder sie durch immer neue
Beweisanträge zu verzögern. «Unser Anliegen ist, dass wir
Missbrauchsmöglichkeiten beseitigen und die Effizienz steigern,
gleichzeitig natürlich die Rechte von Beschuldigten, Nebenklägern und
Opfern wahren», sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD).

Mit der geplanten Reform der Strafprozessordnung soll die Polizei
außerdem mehr Befugnisse im Kampf gegen Einbrecher bekommen. Mit
richterlichem Beschluss dürfte sie dann Telefongespräche und E-Mails
einzelner Serieneinbrecher ausspähen.