Ärzte: Ernährungsstil führt zu höheren Risiken für Magen-Darm-Lei den

Der Mensch ist, was er isst. Für Fachärzte, die
Magen-Darm-Erkrankungen behandeln, ist das kein dummer Spruch. Je
mehr Fast Food, desto größer das Risiko für Stress mit den
Verdauungsorganen. Was hilft - und was nicht?

Berlin (dpa) - Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts werden in
Deutschland nach einer Prognose der Deutschen Gesellschaft für
Gastroenterologie bis 2030 um 20 bis 25 Prozent zunehmen. Ein Grund
dafür sei ein typisch westlicher Ernährungsstil mit viel rotem
Fleisch, Wurst, Weißbrot und süßen Getränken, sagte Andreas Stallma
ch
vom Universitätsklinikum Jena am Mittwoch auf der
Jahrespressekonferenz der Fachgesellschaft in Berlin. Dadurch werde
das Bakterienspektrum im Darm negativ verändert. Stallmach wertete
chronisch-entzündliche Darmerkrankungen deshalb auch als
«Zivilisationskrankheit».

Nach Angaben der Wissenschaftler gab es in Deutschland zwischen den
1970er Jahren und heute allein bei chronisch-entzündlichen
Darmerkrankungen einen Zuwachs von 300 000 auf 450 000 Fälle pro
Jahr. «Es ist eine absolute Steigerung», sagte Stallmach. Der Zuwachs
liege deutlich über den Effekten besserer Diagnostik. Jährlich würden

zur Zeit rund 2,5 Millionen Bundesbürger mit Krankheiten des
Magen-Darm-Trakts, der Leber, der Gallenwege oder der
Bauchspeicheldrüse in Kliniken behandelt, sagte Frank Lammert,
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie,
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Rund 61 000 Menschen pro
Jahr sterben nach Angaben der Fachgesellschaft zur Zeit daran.

Im Visier der Wissenschaft steht vor allem das Mikrobiom. Das sind
Mikroorganismen, die den Darm besiedeln. Billionen von Bakterien
tragen damit zur Verwertung der Nahrung bei. Sie stehen aber auch im
Verdacht, durch Genvarianten und Umweltfaktoren Krankheiten innerhalb
und außerhalb der Verdauungsorgane auslösen zu können. Eine Folge von

chronischen Entzündungen im Darm kann Krebs sein. Gelungene
Krebsprävention seien Therapien von Magengeschwüren, Hepatitis C und
auch die Darmkrebsvorsorge, sagte Lammert.

Für nutzlos halten die Wissenschaftler zum jetzigen Zeitpunkt
allerdings kommerzielle Stuhltestes zur Analyse der Darmflora. «Eine
Analyse des gesamten Spektrums der Mikroorganismen im Darm ist
weitgehend sinnlos», urteilte Stefan Schreiber, Mediziner an der
Uniklinik Kiel. «Denn die Zusammensetzung der Bakterien im Darm und
eventuelle Krankheitssymptome haben nicht unbedingt etwas miteinander
zu tun.» Die Zusammensetzung des Mikrobioms sei zum Beispiel ständig
kurzzeitigen Schwankungen unterworfen - sei es durch bestimmte
Nahrungsmittel, Medikamente oder auch Reisen.

Die Mikrobiom-Forschung stehe noch ganz am Anfang, ergänzte Lammert.
«Das ist alles faszinierend. Aber der Beleg, dass solche Tests
Patienten Nutzen bringen, fehlt noch.» Die Ergebnisse seien im Moment
noch nicht aussagekräftig genug. Er rate davon ab, Geld für solche
Tests auszugeben, die in manchen Arztpraxen als Zusatzleistung
angeboten würden. Bei der Darmkrebsvorsorge und der Diagnostik
pathogener Erreger machten Stuhltests dagegen Sinn, betonte Lammert.