Gefährlicher Keim in Praxis: «Einer der schwerwiegendsten Vorfälle»

Im Körper eines toten Rentners wird das Bakterium Pseudomonas
aeruginosa entdeckt. Weitere Patienten einer Kölner Praxis könnten es
ebenfalls in sich tragen. Nach Medizinerangaben könnte es einer der
gravierendsten Vorfälle mit dem Erreger sein.

Köln (dpa) - Hygiene- und Infektionsexperten halten die angenommene
Verbreitung eines gefährlichen Bakteriums in einer Kölner
Radiologiepraxis für dramatisch. Sollte sich bestätigen, dass sich
mindestens 28 Patienten in der Praxis mit Pseudomonas aeruginosa
infiziert haben, wäre es «meines Wissens einer der schwerwiegendsten
Vorfälle mit diesem Erreger in einer ambulanten Einrichtung in
Deutschland, wenn nicht sogar in Europa», sagte der Infektiologe
Peter Walger. Er ist Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für
Krankenhaushygiene.

Die Kölner Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob der Tod eines
84-Jährigen und die Erkrankungen weiterer Patienten der Praxis auf
eine Infektion mit dem Bakterium zurückzuführen sind.

Infektionen mit dem Keim in Praxen oder Kliniken gäbe es in Europa
immer wieder, sagte Mikrobiologe Alexander Friedrich von der
Universität Groningen in den Niederlanden. «Meist betrifft es einen
einzelnen Patienten, in den meisten publizierten Fällen weniger als
zehn Patienten», sagte er. Nur selten seien es mehr.

Pseudomonas aeruginosa kann unter anderem Lungenentzündungen sowie
Harnwegs- und Wundinfektionen verursachen. Zur Infektion benötigt der
Erreger meist eine Eintrittsstelle in den menschlichen Körper - etwa
eine Wunde oder einen Katheter. Die im aktuellen Fall betroffenen
Patienten sollen Spritzen in den Rücken bekommen haben, berichtet der
«Kölner Stadt-Anzeiger».

Es spreche einiges dafür, «dass in der betroffenen Praxis ein
Hygieneproblem im Rahmen der angewendeten medizinischen Maßnahme
aufgetreten ist», sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für

Infektiologie, Gerd Fätkenheuer.

Es spiele keine Rolle, dass der Erreger in einer ambulanten
Einrichtung und nicht in einer Klinik aufgetreten sei, «da sowohl
hier wie dort dieselben hygienischen Anforderungen für medizinische
Eingriffe gelten», ergänzte Fätkenheuer, der an der Uniklinik Köln

arbeitet.

Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer sagte, der Rentner habe sich Anfang
des Jahres wegen Rückenproblemen in der Praxis behandeln lassen.
Nachdem er eine Spritze erhalten hatte, sei es wiederholt zu
Komplikationen gekommen. Nach einer Operation starb er Mitte April an
Multiorganversagen. Laut Staatsanwaltschaft war der Keim bei der
Obduktion gefunden worden.

Das Gesundheitsamt sei unverzüglich nach Bekanntwerden des Falls
eingeschaltet worden, sagte Gerhard Wiesmüller, Leiter der Abteilung
Infektions- und Umwelthygiene des Amts. Schnell sei aufgefallen, dass
mehrere Patienten der Praxis den Erreger ebenfalls in sich trugen.
Der ärztliche Geschäftsführer der betroffenen Radiologie-Praxis
verwies am Dienstag auf die laufenden Ermittlungen und äußerte sich
nicht zu dem Fall. Der «Kölner Stadt-Anzeiger» hatte zuvor über
den Fall berichtet.