Fluglärmstudie: Kinder schlafen schlechter - sind morgens aber munter Von Elke Silberer, dpa

Welche Auswirkung hat Fluglärm auf schlafende Kinder? Das haben jetzt
Forscherinnen des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt in den
Kinderzimmern untersucht. Das Ergebnis ist für einige Eltern gar
nicht so überraschend.

Köln (dpa) - Die kleine Johanna hat schlecht geschlafen. Das haben
ihre Eltern Hans und Odette Exner - beide Ärzte - an der Aufzeichnung
der Hirnaktivität abgelesen. Die Familie wohnt nur fünf Kilometer vom
Flughafen Köln/Bonn entfernt. Es gibt keine Kernruhezeiten, und so
donnern die Maschinen auch nachts übers Haus. Johanna gehört zu den
51 Grundschulkindern im Bereich des Flughafens Köln/Bonn, die an
einer Fluglärmstudie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) teilgenommen haben. Die Wissenschaftlerinnen stellten am
Dienstag die Ergebnisse vor.

Kinder schlafen demnach in stärker mit Fluglärm belasteten Gebieten
schlechter, fühlen sich deshalb am Morgen aber nicht müder. «Wir
haben den Eindruck gewonnen, dass Fluglärm im alltäglichen Leben
keine so große Bedeutung für die Kinder hat wie für die Erwachsenen
»,
sagte DLR-Projektleiterin Susanne Bartels.

So wachten Kinder bei gleichem Lärmpegel mit einer geringeren
Wahrscheinlichkeit auf als Erwachsene. Anders als bei Erwachsenen sei
bei Kindern das Empfinden von Störung oder Ärger über den nächtlich
en
Fluglärm nicht von der tatsächlich gemessenen Fluglärmbelastung
abhängig, hieß es auch. Ausschlaggebend seien vielmehr persönliche
Eigenschaften wie Lärmempfindlichkeit oder Ängstlichkeit gegenüber
Flugzeugen.

Die Schlafqualität der Acht- bis Zehnjährigen war der Analyse zufolge
allerdings schlechter. Ihr Tiefschlaf, der eine wichtige Rolle bei
der geistigen und körperlichen Entwicklung und der Erholung von
Kindern eine Rolle spielt, war merklich reduziert, nämlich um 2,6
Prozent. «Wenn man die Kinder aber danach fragt, wie hast du in der
letzten Nacht geschlafen oder wie fühlst du dich gerade, wie müde
bist du, dann sieht man diese Effekte nicht», sagte Bartels - die
Kinder fühlten sich erholt.

Man könne nicht sagen, welche Langzeitauswirkung die Reduktion des
Tiefschlafes haben könnte, sagte der Kinder- und Jugendarzt Alfred
Wiater. «Dazu müsste man die körperliche, psychische und geistige
Entwicklung der Kinder langfristig beobachten und mit der
nicht-lärmbelasteter Kinder vergleichen», sagte der Schlafforscher.

Die Psychologinnen Susanne Bartels und Julia Quehl sind für die
Studie in die Kinderzimmer gegangen und haben die Kinder vor dem
Schlafengehen mit Messinstrumenten verkabelt, Herzschlag, Hirnströme,
Augen- und Muskelbewegungen gemessen und die Kinder am Morgen zu
ihrem Schlaf befragt.

Johannas Vater Hans Exner sieht sich angesichts der Ergebnisse in
seinem Eindruck bestätigt: «Zwischen dem, was ich auf dem EEG gesehen
habe und wie ich Johanna empfunden habe, gab es einen Unterschied.
Wir merken keinerlei Auswirkungen von Lärm auf schulische Leistungen
oder Verhalten unserer Tochter. Johanna ist nicht müde tagsüber, sie
hat sehr, sehr gute Noten. Das ist alles im grünen Bereich.»

Susanne Bartels erzählt von ähnlichen Rückmeldungen anderer Eltern
wie: «Das nehme ich eigentlich auch so wahr, dass mein Kind weniger
unter Fluglärm leidet als ich selbst. Ich habe das Gefühl, mein Kind
wacht dadurch nicht so häufig auf wie ich selbst», fasst sie Aussagen
anderer Eltern zusammen.

Eine Studie aus Hessen zu gesundheitlichen Risiken von Verkehrslärm
hatte 2015 nachgewiesen, dass Grundschulkinder bei ständigem Fluglärm
langsamer Lesen lernen. Ob und wie genau Fluglärm den Schlaf von
Kindern beeinträchtigt, war bisher nicht erforscht. Im
Grundschulalter ist das Schlafverhalten nach Angaben der
Forscherinnen noch sehr homogen. Darum wählten sie Probanden aus
dieser Altersgruppe.

Auf andere Gebiete an Flughäfen wie Düsseldorf oder Frankfurt seien
die Ergebnisse nicht übertragbar. Wegen der Kernruhezeiten dort in
der Nacht gebe es viel mehr Verkehr in den Randzeiten, wo die Kinder
schon schlafen. «Es könnte sein, dass die Kinder da von den
Ruhezeiten profitieren, aber in den Randzeiten noch mehr unter dem
Lärm leiden», sagte Bartels.

Der Luftverkehr nimmt zwar zu, gleichzeitig werden aber neuere und
leisere Flugzeuge eingeführt, wie das DLR-Institut für Aerodynamik
und Strömungstechnik mitteilte. Die umfassende Einführung leiserer
Flugzeuge soll in etwa 20 Jahren abgeschlossen sein. Wie sich das auf
die Lärmentwicklung auswirkt, ist Gegenstand der Forschung.