Kleinkinder erleiden besonders häufig schwere Verbrühungen

Wenn Eltern nur eine Sekunde nicht aufpassen, kann dies
lebensbedrohliche Folgen für ihren Nachwuchs haben. Die meisten
Patienten in Spezialkliniken für brandverletzte Kinder sind noch
nicht einmal drei Jahre alt.

Hannover (dpa) - Es ist das Nudelwasser vom Herd oder Tee aus der
umgekippten Tasse: Schwere Brandwunden bei Kindern werden in den
meisten Fällen durch heiße Flüssigkeiten verursacht. Das geht aus
Zahlen hervor, die die Deutsche Gesellschaft für Verbrennungsmedizin
(DGV) am Freitag in Hannover vorgestellt hat. Ursache für eine
Behandlung in einer spezialisierten Klinik ist nach einer Auswertung
für die Jahre 2015 bis 2018 in drei Vierteln der Fälle eine
Verbrühung. Mehr als 70 Prozent der aufgenommenen Kinder waren unter
drei Jahren.

«Sie werden mobil, haben kein Gefahrenbewusstsein und reißen den
Wasserkocher an der Schnur oder die Tischdecke mit der Kaffeekanne
herunter», sagte Mechthild Sinnig, Oberärztin im Kinderkrankenhaus
Auf der Bult in Hannover. Schon eine halbe Tasse heißer Kaffee oder
Tee könne ein Baby lebensbedrohlich verbrühen.

Jedes Jahr werden nach Angaben der Elterninitiative Paulinchen
bundesweit mehr als 30 000 Kinder und Jugendliche wegen Verbrennungen
und Verbrühungen ärztlich behandelt. Knapp 6000 von ihnen sind so
schwer verletzt, dass sie ins Krankenhaus müssen.

Die Experten plädierten dafür, Eltern und Aufsichtspersonen noch
stärker auf die Risiken im Umfeld von kleinen Kindern aufmerksam zu
machen. Neuerdings werden zum Beispiel auch Hebammen mit
Informationsmaterial ausgestattet, das sie an junge Mütter und Väter
weitergeben. Der Haushalt müsse immer wieder abgegangen werden, um
Gefahrenquellen zu entschärfen, betonte Sinnig.

Die Unfälle passierten oft im Beisein der Eltern, berichtete die
Ärztin. Sie entwickelten Schuldgefühle und würden, weil sich Narben
bei dem Kind bilden, ihr ganzes Leben an die Situation erinnert. Im
Krankenhaus Auf der Bult, der einzigen Spezialklinik für
brandverletzte Kinder in Niedersachsen, werde das Personal deshalb
für den Umgang mit Angehörigen geschult. Auf der Jahrestagung der DGV
wurden erstmals 24 Kliniken mit einem Gütesiegel «Sicherheit und
Qualität für brandverletzte Kinder» ausgezeichnet.

Die Zahl der in Spezialkliniken behandelten Patienten blieb der
Fachgesellschaft zufolge in etwa konstant. Im vergangenen Jahr wurden
bundesweit 4423 Patienten dokumentiert, davon waren 59 Prozent
Kinder. 2017 waren es 4429 Patienten, davon 58 Prozent Minderjährige.