Schüler bewegen Landtag zu mehr Einsatz gegen Depressionen in Schulen

Unmittelbar nach ihrer letzten schriftlichen Prüfung kann sich eine
kleine Gruppe von Abiturienten schon einmal freuen. Allerdings nicht
über ihre individuellen Noten - sondern darüber, für Mitschüler
einiges erreicht zu haben.

München (dpa/lby) - Mitten im Prüfungsstress ist es einer Gruppe
engagierter Abiturienten gelungen, dass psychischen Krankheiten in
den Schulen künftig mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Schüler
hatten eine - rechtlich nicht bindende - Petition initiiert, die am
Donnerstag im Bildungsausschuss des Landtages ungewöhnlich lange
diskutiert und dann zur Würdigung an die Staatsregierung überwiesen
wurde - ein ziemlich seltener Schritt, der bedeutet, dass sich die
Staatsregierung nun detailliert mit dem Anliegen befassen muss.

«Das ist dem überragenden Engagement der jungen Leute zu verdanken»,

bilanzierte der Berichterstatter im Ausschuss, Max Deisenhofer
(Grüne). Der ausgebildete Lehrer sieht einen wunden Punkt getroffen:
«Wir brauchen mehr Wissen zum Thema Depression und psychische
Erkrankungen, und wir brauchen eine Sensibilisierung bei den Schülern
und Mitschülern, aber auch bei den Lehrerinnen und Lehrern.»

Auch Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) betonte: «Das ist
ein guter Anstoß gewesen, dass wir da noch ein bisschen was
draufsatteln.» Allerdings baue das Ministerium nicht auf Null auf;
zudem hatte es schon im Vorfeld der Sitzung einen Zehn-Punkte-Plan
veröffentlicht. «Nun geht es darum, dass wir noch mal deutlich
machen, was dieser Maßnahmenkatalog alles beinhaltet und konkret
bedeutet.»

So sollten psychische Erkrankungen wie Depressionen und
Angststörungen in der Lehrerausbildung eine größere Rolle spielen.
Auch ältere Lehrer erhielten Informationen zur Verfügung gestellt. Im
kommenden Doppelhaushalt soll zudem Geld für 100 weitere
Schulpsychologen und Sozialpädagogen eingestellt werden - ein
Schritt, der allerdings schon länger geplant gewesen sei, wie Piazolo
betonte.

Der FDP-Fraktion geht das nicht weit genug. «Piazolos Programm
enthält zwar gute Ansätze, scheint allerdings etwas eilig
geschrieben», urteilte deren bildungspolitischer Sprecher, Matthias
Fischbach. Vor allem die Formulierungen zum Lehrplan überzeugten noch
nicht. Die Initiative der Schüler bezeichnete Fischbach als
«Bilderbuch-Petition», die maximale Unterstützung verdiene.

Die Schüler selbst sind mit dem Ergebnis zufrieden. «Wir sind schon
stolz, dass man jetzt wirklich was macht», sagte Alexander Spöri. Er
und seine Mitstreiter hatten zunächst einen Film über Depressionen
bei Jugendlichen gedreht und dann die Online-Petition gestartet.
Diese wurde inzwischen von mehr als 42 000 Menschen unterschrieben.

Die Kaufmännische Krankenkasse KKH hat auf Basis ihrer
Versichertendaten errechnet, dass 2017 in Deutschland rund 1,1
Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren von
psychischen Erkrankungen ohne organische Ursache betroffen waren.
Gründe seien permanenter Leistungsdruck in der Schule, Mobbing sowie
gesellschaftlicher Druck durch Medien, Idole und Influencer.