Nach Bluttest-PR-Kampagne - Personelle Konsequenzen gefordert Von Oliver Schmale, dpa

An der Uni-Klinik Heidelberg rumort es weiter. Nun gibt es auch
Unstimmigkeiten bei Führungskräften, wie mit der umstrittenen
Vermarktungskampagne zur Krebsfrüherkennung weiter umgegangen werden
soll.

Heidelberg (dpa/lsw) - Nach einer umstrittenen PR-Kampagne zu einem
möglichen Bluttest auf Brustkrebs gibt es nun Forderungen nach
personellen Konsequenzen gegen drei Vorstände des
Universitätsklinikums Heidelberg. In einer von einem Ärztlichen
Direktor an rund 100 Empfänger verschickten E-Mail an Führungskräfte

werden der Dekan der Medizinischen Fakultät, die Leitende Ärztliche
Direktorin und die Kaufmännische Direktorin zum Rückzug aufgefordert.
Ihnen wird vorgeworfen, die Kampagne mitgetragen zu haben.

In Klinikum-Kreisen wurde der Vorgang am Donnerstag als Intrige
bewertet. Zugleich wird darauf verwiesen, dass sich zahlreiche der
angeschriebenen Wissenschaftler gegen einen Rücktritt des Trios
ausgesprochen haben. Über den Vorgang hatten zuvor die
«Rhein-Neckar-Zeitung» und «faz.net» berichtet.

In der Affäre um den nicht marktfähigen Bluttest ermittelt inzwischen
auch die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in
Mannheim. Laut einem früheren Bericht der «Rhein-Neckar-Zeitung» soll

unter anderem der Verdacht auf Kursmanipulation und Insiderhandel mit
Aktien der Hintergrund der Ermittlungen sein.

Das Unternehmen Heiscreen, eine Ausgründung des Universitätsklinikums
Heidelberg, und die Uni-Klinik selbst hatten am 21. Februar den neuen
Test vorgestellt. In einer Pressemitteilung war von «einem
Meilenstein in der Brustkrebsdiagnostik» die Rede, eine
Markteinführung sei «noch in diesem Jahr geplant». An dem Vorgehen

gab es deutliche Kritik: Es sei zu früh gewesen, um seriöse Aussagen
über den Test zu machen, hieß es unter anderem. Es würden Frauen
Hoffnungen gemacht, die möglicherweise nicht zu halten seien.

Eine Sprecherin von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne)
sagte in Stuttgart: «Wir wollen Klarheit über die Vorgänge haben.»

Die Agenda stehe deshalb: Erst müssten die Fakten aufgearbeitet und
der Sachverhalt geklärt werden. Dann könne beurteilt werden, welche
Konsequenzen zu ziehen seien. «An der Klärung müssen alle
mitarbeiten. Die vom Aufsichtsrat eingesetzte unabhängige Kommission
nimmt jetzt schnell ihre Arbeit auf. Der Vorstand hat ebenfalls die
Aufgabe, die Aufklärung voranzutreiben.»

Ähnlich äußerte sich der Aufsichtsrat des Universitätsklinikums. Er

verwies auf die unabhängige Kommission, die zur Aufklärung des
Sachverhalts eingesetzt worden ist. Aufsichtsratschefin Simone
Schwanitz erklärte: «Aufklärung muss solide erfolgen. Voreilige
Forderungen helfen dabei nichts.»

Der FDP-Politiker Nico Weinmann sagte mit Blick auf das
Wissenschaftsministerium: «Die Frage, wer hierfür die Verantwortung
zu tragen hat, müssen sich neben der bereits ermittelnden
Staatsanwaltschaft nicht nur die Klinik- und Universitätsleitung,
sondern auch das Wissenschaftsministerium stellen, das die
Rechtsaufsicht über das Klinikum hat und mit einem Vertreter im
Aufsichtsrat der Klinik vertreten ist.» Die CDU-Politikerin Marion
Gentges, die Mitglied im Wissenschaftsausschuss ist, erklärte in der
«Rhein-Neckar-Zeitung», mit ihrem Vorgehen durch die verfrühte
PR-Aktion habe die Uniklinik ihrer wissenschaftlichen Reputation
erheblich geschadet. «Das Ganze wäre weniger merkwürdig, wenn die
wissenschaftlichen Ergebnisse bereits veröffentlicht und der Test
marktfähig gewesen wäre.»