Israelische Forscher drucken Mini-Herz aus menschlichem Gewebe Von Sara Lemel, dpa

Herzkrankheiten gehören weltweit zu den führenden Todesursachen.
Spenderherzen sind knapp. Israelische Forscher haben jetzt den
Prototyp eines Herzes aus menschlichem Gewebe gedruckt. Bis zum
klinischen Einsatz ist der Weg jedoch noch sehr weit.

Tel Aviv (dpa) - Israelische Forscher haben mit einem 3D-Drucker ein
Mini-Herz aus menschlichem Gewebe erzeugt. Der Prototyp, dessen
Zellen sich allerdings noch nicht synchron zusammenziehen können,
habe die Größe eines Hasenherzens, sagte Studienleiter Tal Dvir von
der Universität Tel Aviv am Montag vor Journalisten. Das Herz bestehe
aus Gewebe und Blutgefäßen und verfüge über Kammern. Es sei
vergleichbar mit dem Herz eines menschlichen Fötus. Die Forscher
stellen ihre Entwicklung auch im Fachblatt «Advanced Science» vor.
Ein deutscher Experte spricht angesichts des Mangels an
Spenderorganen von «wichtiger Forschung».

«Wir entnehmen per Biopsie Fettgewebe eines Patienten», erläuterte
der Biotechnologe Dvir den Prozess. Dann würden zelluläre und
nicht-zelluläre Bestandteile getrennt. «Die Fettzellen werden zu
Stammzellen umprogrammiert, diese differenzieren sich wiederum in
Herzzellen, Endothelzellen und andere.» Das extrazelluläre Material
wie etwa Strukturproteine wurde demnach zu Hydrogelen verarbeitet,
die dann mit den verschiedenen Zelltypen vermischt wurden. Aus diesen
«Bio-Tinten» erzeugte der 3D-Drucker dann das Mini-Herz.

«Das Herz ist komplett kompatibel mit dem Patienten, weil es aus
seinem eigenen Gewebe geschaffen ist, und wird deshalb keine
Immun-Gegenreaktion auslösen», sagte Dvir. «Es ist das erste Mal,
dass ein ganzes Herz mit Zellgewebe und Blutgefäßen gedruckt wurde.»

In ähnlichen Versuchen seien bisher nur synthetische Stoffe oder
anderes natürliches Gewebe verwendet worden.

Nun wollen die Forscher den Prototypen in einem speziellen Bioreaktor
reifen zu lassen. «Die Zellen sollen lernen, besser miteinander zu
interagieren, bessere elektrische Signale zu geben, so dass das Herz
pumpen kann.» Binnen eines Jahres sollen solche Herzen in
Tierversuchen an Hasen oder Ratten getestet werden.

Bis zu einem möglichen klinischen Einsatz beim Menschen dauere es
aber noch viele Jahre, sagte Dvir. «Wir hoffen, das wir innerhalb von
zehn Jahren 3D-Drucker in Krankenhäusern haben, die verschiedene
Arten von Gewebe drucken können.» Auf dem Weg dorthin gebe es noch
viele Herausforderungen. Deshalb könne er nicht voraussagen, wann das
erste gedruckte Herz bei einem Menschen implantiert werde. «Wir
können nur hoffen, dass es in etwa zehn Jahren soweit sein wird.»

Herzkrankheiten seien die führende Todesursache in Industrieländern,
schreiben die Forscher in «Advanced Science». Derzeit sei eine
Herztransplantation die einzige Therapie für Patienten mit
Herzinsuffizienz im Endstadium. Angesichts des Mangels an
Spenderherzen bestehe die dringende Notwendigkeit, neue
Behandlungsansätze für solche Patienten zu entwickeln, betonen die
Forscher.

«Es ist eine wichtige Forschung, weil wir in Deutschland zu wenige
Organspender haben und deshalb Alternativen dringend gesucht werden»,
sagt Hermann Reichenspurner, Leiter der Klinik für Herz- und
Gefäßchirurgie am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), der

nicht an der Studie beteiligt war. «Es gibt zwar Kunstherzen, aber
die sind vor allem im Langzeitverlauf mit menschlichen Spenderherzen
nicht vergleichbar.» Bei dem israelischen Projekt sei «der Vorteil,
dass es körpereigene Zellen wären» und es damit zu keiner
Abstoßungsreaktion gegen das Organ käme.

In Deutschland befasse man sich seit Jahren mit der Züchtung von
«Flecken» aus Herzgewebe, erklärt der Herzchirurg. Diese könnten in

Zukunft Teile eines kranken Herzen ersetzen. Insgesamt sei die
Forschung in dem Bereich aber sehr aufwendig und bisher nur im
Kleintiermodell etabliert. Bis zum Einpflanzen eines gezüchteten
Herzen beim Menschen «muss man damit rechnen, dass noch deutlich mehr
als zehn Jahre vergehen werden», betont Reichenspurner.