Weg frei für mehr Familien-Hilfen und neue Vorgaben für Arzttermine

Der Bundesrat arbeitete sich durch rund 50 Tagesordnungspunkte. Nun
können weitere Neuregelungen in Kraft treten. Die Länderkammer bezog
aber auch Position für mehr Tierschutz und gegen Dumpinglöhne.

Berlin (dpa) - Mehr Unterstützung für einkommensschwache Familien,
weniger Terminfrust für Kassenpatienten: Der Bundesrat hat am Freitag
den Weg für mehrere Vorhaben der großen Koalition freigemacht, von
denen Millionen Bürger profitieren sollen. Die Länderkammer billigte
daneben auch Neuregelungen, die Raucher und junge Leute betreffen,
die Freiwilligendienste machen. Ein Überblick über einige Beschlüsse:


FAMILIEN: Kinder und Familien mit niedrigen Einkommen können ab Mitte
des Jahres mit mehr staatlichen Leistungen rechnen. Der Bundesrat
billigte ein Paket, das die Bundesregierung Starke-Familien-Gesetz
nennt. Der Kinderzuschlag von zuletzt 170 Euro steigt auf 185 Euro im
Monat und soll leichter zu beantragen sein. Das Schulstarterpaket
soll von 100 auf 150 Euro erhöht werden. Eigenanteile der Eltern
unter anderem für Mittagessen in Kitas und Schulen entfallen.

PATIENTEN: Damit Kassenpatienten größere Chancen auf schnellere
Termine bekommen, müssen Praxisärzte künftig mindestens 25 statt
20 Stunden in der Woche für gesetzlich Versicherte anbieten. Bei
Augenärzten, Frauenärzten und Hals-Nasen-Ohren-Ärzten muss es
mindestens fünf Stunden als offene Sprechstunde ohne feste Termine
geben. Die telefonische Vermittlung über Terminservicestellen, die in
den Ländern bisher unterschiedlich arbeiten, soll bis Anfang 2020
stark ausgebaut werden. Sie sollen bundesweit unter der Telefonnummer
116 117 täglich rund um die Uhr erreichbar sein - auch online.

VERBRAUCHER: Amtliche Erkenntnisse zu Lebensmittelskandalen und
Hygieneverstößen sollen künftig sechs Monate lang publik gemacht
werden - und das schnell. Die Behörden sollen darüber «unverzüglich
»
öffentlich informieren. Diese Klarstellung soll verhindern, dass es
wie bisher teils monatelange Verzögerungen zwischen dem Feststellen
von Verstößen und der Veröffentlichung gibt. Die Neuregelung kommt
einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nach.

TABAK: Auf Zigarettenschachteln kommen bald neue Sicherheitslabel.
Damit sollen Warenströme EU-weit zurückverfolgt und Produkte auf
Echtheit überprüft werden können, um Schmuggel zu bekämpfen. Für

Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen gelten die EU-Vorgaben bereits
ab 20. Mai, für sonstige Tabakerzeugnisse dann ab 20. Mai 2024.

SOZIALES: Wer ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr macht,
kann dies künftig auch unter 27 in Teilzeit tun, wenn es aus einem
wichtigen persönlichen Grund nicht in Vollzeit geht. Bisher hatten
nur Ältere einen solchen Anspruch. Die neue Möglichkeit soll auch für

Bundesfreiwilligendienstler (Bufdis) gelten. Wichtige Gründe sind
etwa ein zu betreuendes eigenes Kind oder eine Schwerbehinderung.

ENERGIE: Um den stockenden Ausbau der Stromnetze für die Energiewende
voranbringen, sollen schnellere Genehmigungsverfahren und höhere
Entschädigungen für Flächen kommen. Der Bundesrat gab den Weg für e
in
Gesetz aber erst frei, nachdem die Bundesregierung eine Korrektur
zugesagt hatte: Ein Passus, der wohl Hemmnisse für die Produktion von
synthetischem Wasserstoff zur Folge hätte, soll schnellstmöglich über

ein anderes vorgesehenes Gesetz wieder zurückgenommen werden.

TIERSCHUTZ: Die Länder fordern regelmäßige Tierschutzkontrollen in
Tierkörperbeseitigungsanlagen. Die Überprüfung der Kadaver könne
Aufschluss über etwaige Verstöße in der Tierhaltung geben, hieß es

zur Begründung. Die Bundesregierung solle daher aktiv werden.

BETRIEBSRENTEN: Nach dem Willen des Bundesrats sollen Betriebsrentner
entlastet werden. Die Länderkammer forderte die Bundesregierung auf,
zu prüfen, wie die bisherige Doppelverbeitragung beendet werden kann.
Zur Stärkung der gesetzlichen Krankenkassen war 2004 beschlossen
worden, Betriebsrenten nicht nur in der Anspar-, sondern auch in der
Auszahlphase im Alter mit dem vollen Krankenbeitrag zu belasten. Aus
Sicht der Länder sollen diese Beiträge in der Auszahlungsphase
halbiert werden. In der Bundesregierung gibt es Streit darüber.

PAKETBOTEN: Der Bundesrat verlangt ein schärferes Vorgehen gegen
schlechte Arbeitsbedingungen und Ausbeutung bei Paketzustellern. In
einer Entschließung riefen die Länder die Bundesregierung auf, für
Zusteller die Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge
einzuführen. Damit wäre der eigentliche Auftraggeber dafür zuständi
g,
dass Subunternehmer die Beiträge entrichten.