Klose will Impfquoten in Hessen erhöhen - jedoch ohne Impfpflicht

Eine Schule in Schleswig-Holstein schließt, eine österreichische
Stadt stellt den Busverkehr ein, in Teilen von New York herrscht
Notstand: Mit Masern ist nicht zu spaßen. Im Kampf gegen die
Krankheit setzt Hessen mehr auf Einsicht als auf eine Impfpflicht.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Der hessische Gesundheitsminister Kai Klose
(Grüne) will mit einer besseren Aufklärung für höhere Impfquoten
sorgen. «Aus unserer Sicht ist eine Impfpflicht im Moment nicht
verhältnismäßig und auch nicht notwendig», sagte er in einem
Interview der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden. «Das liegt vor
allem daran, dass es Maßnahmen gibt, die aus unserer Sicht noch nicht
ausgeschöpft sind.» Dazu zähle beispielsweise, die Bevölkerung aber

auch Berufsgruppen im Gesundheitswesen und bei der Kinderbetreuung
stärker für das Thema zu sensibilisieren.

Nach Schulschließungen wegen Masern in Schleswig-Holstein hatten sich
unter anderem Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für eine
Masern-Impfpflicht in Kindergärten und Schulen ausgesprochen. Auch
der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Hessen fordert eine
verpflichtende Impfung vor Aufnahme in eine Gemeinschaftseinrichtung.
Nur dann sei der Schutz der noch nicht impfbaren Kinder gewährt,
teilte Sprecherin Barbara Mühlfeld mit.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion,
Daniela Sommer, sprach sich ebenfalls für eine Impfpflicht aus. Die
Aussagen von Klose nannte sie «wolkig». Sommer warf dem Minister vor,
wohl «auf die zahlreichen Impfgegner im grünen Milieu» Rücksicht zu

nehmen.

In Hessen wurden in den ersten zwölf Wochen dieses Jahres 17
Masernfälle und ein Röteln-Fall gemeldet, wie das
Gesundheitsministerium unter Berufung auf das Robert-Koch-Institut
mitteilte.

Klose gab zu Bedenken: «Der Impfschutz der Kinder ist eigentlich
nicht unser größtes Problem. Da gibt es eine relativ hohe Quote.» Das

Problem seien die vielen Erwachsenen, die nicht hinreichend auf ihren
Impfstatus achteten. Beispielsweise bei Masern seien bessere
Schulungen auf allen Ebenen nötig, etwa bei der Ausbildung von
Medizinern und in den Therapieberufen.

Bei Masernausbrüchen in den vergangenen Monaten und Jahren seien
häufig Erwachsene erkrankt und nicht selten auch medizinisches
Personal. Er baue unter anderem auf die Mitarbeit des öffentlichen
Gesundheitsdienstes, der Betriebsärzte, Arbeitsmediziner sowie auf
die niedergelassenen Ärzte, erklärte der Minister.

Zusätzlich sieht Klose beim Thema Impfen das
Bundesgesundheitsministerium in der Pflicht. «Kampagnen, die
bundesweit etabliert werden, hätten sicherlich eine höhere
Schlagkraft, als Initiativen, die von einem Land alleine ausgehen»,
sagte er.

«Wir wollen, dass Masern und Röteln eliminiert werden. Vor ein paar
Jahren hat man noch gedacht «Wir sind kurz davor». Das ist leider im
Moment wieder rückläufig.» Insgesamt wolle er höhere Impfquoten
erreichen für alle Erkrankungen, denen man durch Impfung vorbeugen
kann. «Wir brauchen eine kompetente Beratung, die auch jedes
Lebensalter erreicht», sagte Klose und kündigte an, dass sich Ende
April in Hessen die «Landesarbeitsgemeinschaft Impfen» konstituieren
wird.

Dann sollen alle Akteure an einen Tisch kommen und konkret überlegen,
wie Beratungen zum Impfschutz vorangetrieben und Impfquoten erhöht
werden können.

Ein Masernfall im ostdeutschen Weimar hatte Anfang April zu einer
aufwendigen Suche nach möglicherweise von Ansteckung bedrohten
weiteren Menschen geführt. Nach der Masernerkrankung eines Busfahrers
hatte die österreichische Stadt Klagenfurt am 10. April den
städtischen Busverkehr vorübergehend eingestellt und Fahrzeuge
desinfiziert. Damit sollte eine Ausbreitung der vor allem für
Erwachsene gefährlichen Infektionskrankheit unterbunden werden.

Nach einem Anstieg der Masern-Fälle hatte New Yorks Bürgermeister
Bill de Blasio ebenfalls im April einen Notstand für Teile Brooklyns
ausgerufen und eine Impfpflicht verhängt.