Unterstützung im Bundestag für Bluttests vor der Geburt

Sollen bestimmte Gen-Untersuchungen zur Gesundheit ungeborener Kinder
nicht mehr selbst bezahlt werden müssen? In einer offenen Aussprache
im Parlament befürworten das die meisten Redner - aber nicht alle.

Berlin (dpa) - Im Bundestag gibt es breite Unterstützung dafür, dass
die Krankenkassen künftig auch Bluttests auf ein Down-Syndrom des
Kindes vor der Geburt bezahlen - aber begrenzt auf
Risiko-Schwangerschaften. In einer meist nachdenklich und sachlich
geführten Debatte sprachen sich zahlreiche Abgeordnete am Donnerstag
fraktionsübergreifend dafür aus, diese risikoärmere Methode ebenso zu

finanzieren wie sonst übliche Fruchtwasseruntersuchungen. Mehrere
Parlamentarier warnten dagegen vor wachsendem Druck auf Eltern, der
auch zu mehr Abtreibungen führen würde. Übereinstimmend mahnten
Redner eine bessere Beratung und eine viel stärkere Unterstützung von
Menschen mit Behinderungen an.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betonte in der offenen
Grundsatzdebatte, Bluttests seien sicherer und medizinisch besser als
bisherige Verfahren, die bereits Kassenleistung sind. Insofern sei es
ethisch nicht zu rechtfertigen, Frauen bessere Tests vorzuenthalten.
Zugleich warb er für die Gründung eines wissenschaftlich besetzen
Gremiums zur Beratung über andere genetische Tests. «Wir werden Tests
auf fast jede erdenkliche Krankheit bekommen.»

Die behindertenpolitische Expertin der Grünen, Corinna Rüffer, wandte
sich gegen Bluttests als Kassenleistung. «Dieser Test kann nicht dazu
dienen zu heilen, weil das Down-Syndrom keine Krankheit ist.» Er
diene in aller Regel einer «Selektion». In den meisten Fällen, in
denen ein Down-Syndrom des Ungeborenen erkannt werde, entschieden
sich die Eltern für Abtreibung. Rüffer gehört zu den Initiatoren der

Debatte. Mehr als 100 Abgeordnete hatten sich im vergangenen Herbst
dafür eingesetzt, um grundlegende ethische Fragen auch bei künftig
möglichen Diagnosen zu klären. Anträge wurden noch nicht vorgelegt.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, mit
denen unter anderem untersucht wird, ob das Kind mit Down-Syndrom auf
die Welt käme. Lange hatte sich das zuvor nur mit einer
Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen. Bisher sind die rund 130
Euro teuren Bluttests meist selbst zu zahlen. Bei einem Down-Syndrom
haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom mehr als andere Menschen.
Das Chromosom 21 ist dreifach vorhanden, daher auch die Bezeichnung
Trisomie 21. Folgen sind körperliche Auffälligkeiten und eine
verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung. Die
Ausprägungen sind aber sehr unterschiedlich.

Hintergrund der Debatte ist auch ein laufendes Verfahren beim
Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten, Kassen und Kliniken, der über
neue Kassenleistungen entscheidet. Das Gremium hat signalisiert, dass
dies bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken für Komplikationen
als medizinisch begründet angesehen werde. Eine Entscheidung dazu
soll voraussichtlich im August getroffen werden.

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, sieht keine
ausreichenden Gründe gegen eine Kassenzulassung. «Wenn wir die
Fruchtwasseruntersuchung bei Risikoschwangerschaften erstatten, die
nicht-invasiven Bluttests aber nicht - das geht nicht», sagte der
Erlanger Theologie-Professor der Deutschen Presse-Agentur.