Das Internet pflügt das Geschäft vieler Branchen um Von Erich Reimann, Alexander Sturm und Christoph Dernbach, dpa

Handel, Banken, Taxis, Hotels: Das Internet verändert das Geschäft
vieler Branchen. Das sorgt für einige Ängste - und hinterlässt auch
Spuren in den Städten.

Berlin (dpa) - Die aktuellen Proteste der Taxifahrer gegen die Pläne
zur Liberalisierung des Fahrdienstmarktes lenken wieder die
Aufmerksamkeit auf Umbrüche in klassischen Branchen durch das
Internet. Die Herausforderer sehen dabei ihre Chance darin, besser
und/oder günstiger als die Platzhirsche zu sein. Seit Jahren sind
viele Industrien im Wandel:

- HANDEL: Im deutschen Einzelhandel sorgte der Siegeszug des
Onlinehandels in den vergangenen Jahren für einschneidende
Veränderungen. Lag der Anteil des Onlinehandels an den Einkäufen der
Bundesbürger im Jahr 2000 noch weit unter ein Prozent, so wird
inzwischen nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland (HDE) mehr
als zehn Prozent der Umsätze im Internet gemacht.

Doch sind die Anteile der Online-Händler je nach Branche sehr
unterschiedlich. Im Lebensmittelhandel etwa spielt das Internet mit
einem Umsatzanteil von rund einem Prozent nach wie vor nur eine
untergeordnete Rolle. Bei Mode und Accessoires sowie bei Elektronik
wandert dagegen inzwischen schon mehr als ein Viertel der
Konsumentenausgaben in die Kassen von Amazon, Zalando und Co.

Das hinterlässt mittlerweile auch sichtbare Spuren in den deutschen
Innenstädten. In immer mehr Einkaufsstraßen klagen die Händler über

rückläufige Kundenzahlen. Gerade in kleinen und mittleren Städten,
aber auch in den Unterzentren der Metropolen sind deshalb immer
häufiger leerstehende Läden zu finden.

- FINANZDIENSTLEISTER: Klassische Banken und Versicherungen werden in
Deutschland von einer ganzen Flotte von Finanz-Startups angegriffen.
Die jungen Unternehmen warben allein im ersten Quartal 2019 von
Investoren 686 Millionen Euro ein und damit mehr als doppelt so viel
wie ein Jahr zuvor, wie aus Zahlen der Beratungsfirma Barkow
Consulting hervorgeht. Ein Star in der Szene ist die Berliner
App-Bank N26, die inzwischen mehr als 2,5 Millionen Kunden gewonnen
hat. N26 musste zuletzt sich aber auch kritische Fragen gefallen
lassen, ob die 800 Mitarbeiter beim Kundensupport und der Abwehr von
Betrugsversuchen überfordert sind.

Auf große Resonanz stoßen auch Fin-Techs wie der Autoversicherer
Friday, der Policen nach gefahrenen Kilometern bepreist, oder das
Versicherungs-Start-up Wefox, das unter anderem den schnellen
Abschluss von Hausrats- und Haftpflichtversicherungen per App
anbietet. Bei manchen Fin-Techs beteiligen sich auch Player aus dem
Silicon Valley an der Jagd auf die deutschen Finanzriesen. So steckte
zuletzt der US-Zahldienst Paypal 100 Millionen Euro in die Berliner
Firma Raisin, die Anlegern über das Portal «Weltsparen» Tages- und
Festgelder bei Banken im Ausland vermittelt und etwas höhere Zinsen
als inländische Institute verspricht.

- APOTHEKEN: Medikamente kaufen die Deutschen immer noch meist in der
Apotheke um die Ecke. Doch auch hier wächst die Online-Konkurrenz:
Tabletten oder Salben lassen sich längst bei Amazon oder DocMorris
kaufen. Vor allem der Handel mit rezeptpflichtigen Medikamenten über
Versandapotheken ist der Apotheker-Lobby ein Dorn im Auge. Da
DocMorris und Co. Rabatte gewähren, sieht die Apothekerlobby ABDA in
ihnen eine Gefahr für die knapp 19 500 Apotheken in Deutschland. Auch
gibt es seit Jahren Streit zwischen DocMorris und den Apotheken um
einen Arznei-Automaten in Hüffenhardt (Neckar-Odenwald-Kreis).

Die Apothekervereinigung ABDA fordert ein prinzipielles Verbot des
Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten im Netz. Das lehnte
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aus europarechtlichen Gründen
ab. Er will lediglich gegen die Rabatte von Versandhändlern vorgehen.
Bisher ist der Marktanteil von Versandapotheken hierzulande in dem
Geschäft aber ohnehin winzig: 2017 wurde nur 1 Prozent des Umsatzes
mit verschreibungspflichtigen Arzneien im Versandhandel erzielt, so
die ABDA. Bei rezeptfreien Mitteln lag der Marktanteil bei 17
Prozent.

- GASTGEWERBE: Hotels haben ein gespaltenes Verhältnis zum Internet.
Zum kann es ihnen helfen, in letzter Minute noch freie Zimmer zu
füllen. Zum anderen sorgen Plattformen wie AirBnB, auf denen
Unterkünfte als Alternative zum Hotel angeboten werden, für neue
Konkurrenz. AirBnB versucht gerade, ein freundlicheres Verhältnis zum
Hotelgewerbe unter anderem mit dem Kauf der Last-Minute-App
HotelTonight aufzubauen. AirBnB und Co sind in vielen Metropolen aber
auch unter Druck, weil die Städte den Mietmarkt durch solche
Kurzzeit-Angebote ausgehöhlt sehen.

- VERKEHRSGEWERBE: In den USA veränderten Uber und Lyft den
Transportmarkt, indem sie per App auch Privatleute mit ihren eigenen
Autos Fahrgäste befördern ließen. In Europa versuchte Uber das auch,

scheiterte aber an rechtlichen Hürden, so dass die App nur Mietwagen
mit Chauffeur und Taxis vermittelt. Zugleich gibt es aber auch
Überlegungen, Einschränkungen für Mietwagen zu lockern. Dazu gehört

zum Beispiel die sogenannte Rückkehrpflicht, die besagt, dass das
Fahrzeug zumindest auf dem Rückweg zu seinem Standort sein muss, um
einen neuen Auftrag annehmen zu können.