Zahl der Drogentoten in Deutschland stagniert auf hohem Niveau Von Sascha Meyer, dpa

Heroin, Amphetamine, Kokain: Illegale Drogen kosten viele Menschen
das Leben. Nach neuen Daten stagniert die Zahl der Todesopfer. Aber
was heißt das schon, wenn die Gefahr immer noch so groß ist?

Berlin (dpa) - Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist nach einem
leichten Rückgang zuletzt fast konstant geblieben - doch im langen
Kampf gegen Heroin, Kokain und immer neue Psycho-Substanzen gibt es
keine Entwarnung. Am Konsum illegaler Stoffe starben im vergangenen
Jahr 1276 Menschen - vier mehr als 2017, wie die Drogenbeauftragte
der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), am Mittwoch mitteilte.
Hauptursache sind weiterhin Vergiftungen durch Opioide wie Heroin,
die mehr als die Hälfte aller Todesfälle verursachten.

Über Strategien für eine bessere Vorbeugung und andere Gegenmaßnahmen

gibt es wieder Diskussionen. Mortler sagte: «Jeder einzelne Todesfall
verpflichtet uns, Menschen noch besser vor den Gefahren von Drogen zu
schützen und sie vor den oftmals tödlichen Folgen ihres Drogenkonsums
zu retten.» Sie hob angesichts der neuen Zahlen hervor, dass
insgesamt eine Stabilität zu beobachten sei. «Da fällt mir ein Stein

vom Herzen.» Weiterhin gebe es leichte Wellenbewegungen mit
Ausschlägen ins Positive und Negative.

An Überdosierungen von Opioiden wie Heroin und Morphin starben laut
Statistik im vergangenen Jahr insgesamt 629 Menschen, nachdem es im
Jahr zuvor 707 waren. Auch bei neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) gab
es nun einen leichten Rückgang. Todesfälle durch psychoaktive
Medikamente nahmen dagegen zu. An Vergiftungen durch Kokain und Crack
starben unverändert 41 Menschen, in Verbindung mit anderen Stoffen
gab es eine leichte Zunahme. Die Zahl der Abhängigen, die insgesamt
nach Langzeitschäden starben, erhöhte sich weiter von 178 auf 230.

Bei der Vorbeugung gefragt seien neben dem Staat auch Unternehmen und
die ganze Gesellschaft, sagte Mortler. «Drogenabhängigkeit ist eine
Krankheit. Kranke brauchen Hilfe und keine Stigmatisierung.» Eine
zentrale Rolle komme den 1500 ambulanten Suchtberatungsstellen zu,
die auch beim Bewältigen sozialer Folgen des Drogenkonsums helfen.
«Um Leben zu retten, brauchen wir eine funktionierende Suchthilfe vor
Ort.» Wenn die Herausforderungen größer werden, seien hierfür mehr

Personal und mehr Geld erforderlich, betonte die Drogenbeauftragte.

In 10 der 16 Bundesländer gab es im vergangenen Jahr einen Anstieg
der Drogentoten. In vier Ländern starben nun weniger Menschen an
illegalen Substanzen, in zwei Ländern blieb die Zahl gleich. In
Nordrhein-Westfalen gab es eine deutliche Zunahme um 37 Todesfälle
auf 240 Rauschgifttote. In Mecklenburg-Vorpommern starben wie im
Vorjahr fünf Menschen an illegalen Drogen. Bundesweit war 2017
erstmals seit 2012 wieder ein leichter Rückgang festgestellt worden.

Mortler warnte vor möglicherweise wachsenden Gefahren durch
Fentanyl-Schmerzmittel, die noch meist in Pflegeheimen oder Kliniken
«abgezweigt» würden. In anderen Ländern wie den USA sei bereits e
ine
Herstellung für den Drogenkonsum festzustellen. Psychoaktive Stoffe,
die etwa als scheinbar harmlose Badesalze verkauft würden, müssten
vom Markt verdrängt werden. «Es geht nicht darum, den Konsumenten zu
bestrafen, sondern Händlern und Herstellern das Handwerk zu legen.»
Zunehmend würden Drogen über das Internet verkauft.

Die Opposition fordert auch neue Lösungen. «Die Zahl der Drogentoten
ist immer noch viel zu hoch», sagte Grünen-Fachpolitikerin Kirsten
Kappert-Gonther. Die Abgabe des Mittels Naloxon an Heroinsüchtige und
Angehörige solle bundesweit und nicht nur in einem Modellprojekt in
Bayern möglich werden.

Der FDP-Experte Wieland Schinnenburg sagte, offensichtlich sei die
bisherige Drogenpolitik gescheitert. «Statt immer neue leere
Versprechungen zu machen, muss endlich gehandelt werden.» Dazu sollte
eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene gehören, damit
sich die Strafverfolgungsbehörden auf Großdealer für harte Drogen
konzentrieren könnten.