Unlauteres Vorgehen bei Bluttest? - Uniklinik stellt Strafanzeige

Jetzt beschäftigt sich auch die Justiz mit einem möglichen Bluttest
zur Krebsfrüherkennung an der Uniklinik Heidelberg. Zudem soll intern
und extern untersucht werden, was falsch gelaufen ist.

Heidelberg (dpa/lsw) - Das Universitätsklinikum Heidelberg hat bei
der Staatsanwaltschaft wegen der Vorgänge um einen möglichen Bluttest
für Brustkrebs Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. Es gebe
Anzeichen eines unlauteren Vorgehens bei der Entwicklung und
Ankündigung eines potenziellen Bluttests zur Brustkrebsdiagnostik,
hieß es am Freitag in einer Mitteilung der Universität. Die
Staatsanwaltschaft Heidelberg habe Vorermittlungen aufgenommen, sagte
deren Sprecher Tim Haaf. Ab kommender Woche sollen Beschäftigte der
Uniklinik befragt werden. Es soll geprüft werden, welcher Sachverhalt
möglicherweise strafbar und wer dafür verantwortlich zu machen sei.
Danach könnte ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.

Im Zentrum des Wirbels um den Bluttest steht der Chef der
Frauenklinik Christof Sohn. Er hatte den Test am 21. Februar der
Fachwelt und Öffentlichkeit als bald marktreifen «Meilenstein» der
Brustkrebsfrüherkennung vorgestellt und war deshalb massiv in die
Kritik geraten.

Sein Vorpreschen trotz fehlender Publikation in einer Fachzeitschrift
und hoher Fehlerquoten des Tests schüre unbegründete Erwartungen bei

Frauen, hieß es. Besonders empörte die Fachwelt eine PR-Kampagne, bei
der Sohn sich in der «Bild-Zeitung» für seine «Weltsensation» fei
ern
ließ. Nun wird sogar hinterfragt, ob er überhaupt der Erfinder des
Tests ist und nicht vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte junge
Forscher. Der Gynäkologe ist an der Ausgründung der Klinik zur
Vermarktung des Tests, der Firma Heiscreen, beteiligt.

Das Universitätsklinikum selbst ist nach eigenen Angaben mitten in
der Aufarbeitung des Geschehens. Eine interne wissenschaftliche
Arbeitsgruppe und die Innenrevision des Klinikums sind mit der
Analyse der Vorgänge beauftragt und berichten direkt an den Vorstand.
Eine externe neutrale Expertenkommission konstituiert sich unter
Leitung des Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner. Er
wird die Spezialisten aus verschiedenen Fachgebieten auswählen, etwa
aus Medizin/Life-Sciences, Ethik, Recht und Wirtschaft. Das Klinikum
erhofft sich vor allem Empfehlungen zum Umgang mit der Verwertung
seiner Forschungsergebnisse. Die Kommission soll in wenigen Wochen
berichten.

Das Universitätsklinikum bedauerte erneut die Geschehnisse um den
Bluttest. Zugleich bekenne man sich zu der Aufgabe, die Erkenntnisse
aus der Forschung in die klinische Anwendung zu übertragen und dazu
auch Ausgründungen vorzunehmen. Damit werde sichergestellt, dass
Forschungsergebnisse schnell und effizient in eine praktische
Anwendung für den Patienten kommen. «Dies bedeutet aber auch eine
Erweiterung der traditionellen Aufgaben eines Universitätsklinikums»,
heißt es in der Mitteilung weiter. Die Arbeit der Kommission sei eine
Chance, seine diesbezüglichen Strukturen und Prozesse zu verbessern.