Wegen Nacktvideos von Angestellten: Arzt verliert Zulassung endgültig

Jahrelang filmt ein Arzt Mitarbeiterinnen in der Umkleide. Er zahlt
Schmerzensgeld, wird aber rechtlich nie für die Tat belangt.
Allerdings verliert der Mann seine Kassenzulassung - und zieht
dagegen vor das Bundessozialgericht.

Kassel/Gera (dpa) - Wegen heimlicher Nacktaufnahmen von seinen
Mitarbeiterinnen darf ein Zahnarzt aus Thüringen keine
Kassenpatienten mehr behandeln. Es sei rechtens, dass dem Mediziner
die Zulassung entzogen worden sei, urteilte das Bundessozialgericht
in Kassel am Mittwoch. Dies gilt, obwohl der Mann wegen der Tat nicht
rechtskräftig verurteilt wurde. (Aktenzeichen B 6 KA 4/18 R)

Die Kasseler Richter wiesen die Revision des Mediziners aus Gera
zurück, der über Jahre seine Helferinnen in der Umkleide seiner
Praxis gefilmt hatte. Die Frauen duschten dort auch. Sie hatten die
Kameras 2012 selbst entdeckt.

2013 hatte das Amtsgericht Gera den damals 52-Jährigen zu einer
Gefängnisstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Doch
nach seiner Berufung wurde der Strafprozess eingestellt. Die
Mitarbeiterinnen des Arztes hatten gegen die Zahlung von Geld ihre
Strafanträge zurückgezogen. Auch ohne rechtskräftiges Urteil entzog
der Zulassungsausschuss - ein Gremium aus Kassen und Ärzten - dem
Kläger die Kassenzulassung.

Dafür fehle die Grundlage, argumentierte der Anwalt des Arztes: Der
Zahnarzt habe als Arbeitgeber versagt, aber das «vertragsärztliche
Versorgungssystem ist nicht betroffen». Die Kassenzahnärztliche
Vereinigung Thüringen sah das anders: Der Mediziner habe
Charaktermängel. «So jemand gehört nicht in das System
vertragsärztlicher Behandlung», sagte eine Vertreterin.

Die Kasseler Richter bestätigten ein vorhergehendes Urteil des
Landessozialgerichts (LSG) Thüringen. Das hatte erklärt, der Zahnarzt
habe mit den intimen Videos seine vertragszahnärztlichen Pflichten
verletzt und seine Ungeeignetheit gezeigt. «Den Kern der Sache hat
das LSG korrekt festgehalten», erklärte das Bundessozialgericht. Es
gebe genügend Belege, dass der Mann «die Intimsphäre der
Mitarbeiterinnen zum Objekt seiner Interessen gemacht hat».
Kassenärztliche Vereinigung und Krankenkassen müssten mit dem
Zahnarzt nicht mehr zusammenarbeiten.