Pflicht-Register soll mehr Sicherheit bei Implantaten schaffen Von Sascha Meyer, dpa

Es sind Medizinprodukte, die buchstäblich unter die Haut gehen: Für
Implantate soll auch angesichts früherer Skandale eine lückenlose
Meldepflicht kommen - schrittweise. Die Erwartungen sind hoch.

Berlin (dpa) - Implantate wie Prothesen und Herzschrittmacher sollen
in Deutschland künftig zentral registriert werden, um mehr Qualität
und Sicherheit für die Patienten zu erreichen. Das Bundeskabinett
beschloss dafür am Mittwoch den Aufbau einer verpflichtenden
staatlichen Datenbank, die voraussichtlich 2021 mit den ersten
erfassten Produkten starten soll. Gesundheitsminister Jens Spahn
(CDU) sagte: «Dadurch wissen wir künftig, wer welches Implantat
bekommen hat.» Möglich werden soll damit auch, bei Problemen mit
bestimmten Implantaten andere betroffene Patienten schnell zu warnen.

«Das Register ist keine abstrakte Meldestelle», sagte Spahn. Es solle
konkret die Sicherheit und Information für Patienten verbessern und
mehr Transparenz schaffen. Rufe nach einer schärferen Aufsicht waren
unter anderem nach dem 2010 aufgeflogenen Skandal um minderwertige
Brustimplantate des französischen Herstellers PIP laut geworden, bei
denen jahrelang ein nicht zugelassenes Silikongel verwendet wurde.
Schon die vorige große Koalition hatte sich ein Register vorgenommen,
es bis zur Bundestagswahl 2017 dann aber nicht mehr umgesetzt.

Das künftige «Implantateregister Deutschland» soll beim Deutschen
Institut für Medizinische Dokumentation und Information (Dimdi)
entstehen, das dem Bundesministerium untersteht. Kliniken, Praxen und
die Kassen müssen es dann an diese Datenbank melden, wenn Patienten
ein Implantat einoperiert wird - egal, ob gesetzlich oder privat
versichert und auch bei Selbstzahlerleistungen wie Schönheits-OPs.
Hersteller von Implantaten müssen ihre Produkte registrieren, sonst
können die Kosten nicht mehr über die Kassen abgerechnet werden.

Der Aufbau der Datenbank ist schrittweise geplant. Voraussichtlich ab
Mitte 2021 sollen als erstes Hüftgelenk- und Knie-Endoprothesen
erfasst werden, von denen im Jahr etwa 440 000 eingesetzt werden.
Auch die ungefähr 65 000 Eingriffe für Brustimplantate sollen schon
zum Start registriert werden. Dann sollen nach und nach alle anderen
Produkte folgen. Geregelt werden soll auch, wie Daten aus bestehenden
freiwilligen Registern übernommen werden können. Generell soll beim
Robert-Koch-Institut eine «Vertrauensstelle» eingerichtet werden, die
personenbezogene Angaben zum Datenschutz verschlüsselt.

Anders als bisherige Datenbanken soll das staatliche Register 100
Prozent der Produkte erfassen. Erkennbar sein soll damit auch, welche
Lebensdauer Implantate haben, ob es womöglich Muster bei bestimmtem
Komplikationen gibt oder manche Kliniken öfter Probleme haben. «Hier
wird mehr Transparenz zu besseren Ergebnissen zwingen», sagte Spahn.
Er nannte auch schon ein Beispiel des künftigen Nutzens: Frankreich
wolle an diesem Donnerstag Import und Anwendung für Brustimplantate
mehrerer Hersteller verbieten, bei denen Verdacht auf krebserregende
Wirkung bestehe. Da die genauen Ursachen und Zusammenhänge noch nicht
klar erforscht seien, werde Deutschland dem - zum jetzigen Zeitpunkt
- nicht folgen. Gäbe es das Register schon, könnten alle betroffene
Frauen darüber aber schnell erreicht und informiert werden.

Mit dem Gesetz will Spahn auch schnellere Entscheidungen erreichen,
dass neue Behandlungsmethoden von der Kasse bezahlt werden. Dafür
soll der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten,
Kassen und Kliniken mit Bewertungen künftig nach zwei statt drei
Jahren fertig sein. Gibt es ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete
Anhaltspunkte, dass die Frist gerissen wird, soll der unparteiische
Vorsitzende des Gremiums einen eigenen Beschlussvorschlag vorlegen.
Zunächst hatte Spahn für diesen Fall vorgesehen, dass das Ministerium
per Verordnung mit Zustimmung des Bundesrats selbst entscheiden kann.