Ärzte-Statistik: Leichter Rückgang bei Behandlungsfehlern

Dass Medizinern etwas Gravierendes misslingt, ist relativ selten.
Doch die Folgen für die Patienten können beträchtlich sein. Die Ärz
te
legen neue Zahlen dazu vor - komplette amtliche Daten gibt es nicht.

Berlin (dpa) - Die Zahl der festgestellten Behandlungsfehler in
Kliniken und Praxen in Deutschland ist nach Daten der Ärzteschaft im
vergangenen Jahr erneut leicht zurückgegangen. Bestätigt wurden 1499
Fälle mit Fehlern oder Mängeln bei der Risikoaufklärung als Ursache
für Gesundheitsschäden, wie die Bundesärztekammer am Mittwoch
mitteilte. Im Jahr 2017 waren 1783 solche Fälle bestätigt worden. Zum
Tod von Patienten führten Fehler nun in 88 der festgestellten Fälle.
Die meisten Beschwerden gab es nach Behandlungen von Knie- und
Hüftgelenksarthrosen, Oberschenkelbrüchen und Bandscheibenschäden.

Insgesamt trafen die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
der Ärzteschaft im vergangenen Jahr bundesweit 5972 Entscheidungen zu
mutmaßlichen Fehlern (2017: 7307). Dafür beurteilen Experten,
inwiefern eine Behandlung zum jeweiligen Zeitpunkt dem anerkannten
medizinischen Standard entsprochen hat. Drei Viertel der Beschwerden
betrafen Kliniken, ein Viertel Arztpraxen. Insgesamt gibt es jährlich
20 Millionen Behandlungen in Kliniken und eine Milliarde Arztkontakte
in Praxen. Gemessen daran liege die Zahl der festgestellten Fehler
weiterhin im Promillebereich, betonte die Ärztekammer.

Der Vorsitzende der Konferenz der Gutachterkommissionen und
Schlichtungsstellen, Andreas Crusius, hob die Bedeutung einer guten
Kommunikation zum Vermeiden von Fehlern hervor. Das gelte zwischen
Ärzten und Patienten, um Missverständnissen vorzubeugen - etwa durch
eine genauere Klärung, was von einem Eingriff erwartet wird und was
medizinisch machbar ist. Unter Ärzten gelte es, falsch verstandene
kollegiale Rücksichtnahme und Kommunikationspannen zu vermeiden.

Crusius warnte davor, Ärzten bei Fehlern generell Pfusch vorzuwerfen.
Dies beinhalte eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Auswirkungen
des eigenen Handelns, was man Ärzten aber nicht pauschal vorwerfen
sollte. Dabei handele es sich um einen «äußerst gefahrengeneigten
Beruf». In Rettungsstellen und Stationen müssten Ärzte mitunter in
Sekunden über möglicherweise lebensrettende Maßnahmen entscheiden -
teils bei unbekannten Patienten. Der von der Politik geschaffene
wirtschaftliche Druck im Gesundheitswesen führe zudem dazu, dass
Ärzte am Limit oder darüber hinaus arbeiteten.

Neben den Ärzten gehen die Medizinischen Dienste der Krankenkassen
Fehlern nach. Wie viele Patienten sich direkt an Gerichte, Anwälte
oder Versicherungen wenden, ist unbekannt. Laut Schätzungen könnte es
mehr als 100 000 Fehler pro Jahr geben. Eine offizielle Statistik
gibt es nicht. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte ein
bundeseinheitliches Zentralregister. «Hier müssen neben den
ärztlichen Behandlungsfehlern auch alle Fehler in der Pflege erfasst
werden», sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. Nötig sei es zudem, die
Patientenrechte zu stärken und die Beweislast umzukehren. «Es kann
nicht sein, dass allein der Patient den schwarzen Peter hat.» Er
müsse Fehler beweisen, doch Fakten lägen bei Kliniken und Ärzten.