Auch mal Gemüse zu den Pommes: Kinderteller sollen gesünder werden Von Teresa Dapp und Johannes Baumert, dpa

Eines von sieben Kindern hat zu viel auf den Rippen. Pommes und
Paniertes helfen da nicht - aber genau das bieten viele Restaurants
ihren kleinen Gästen an. Das ruft die Politik auf den Plan. Tut sich
jetzt was auf den Kinder-Speisekarten?

Berlin (dpa) - Restaurantbesuche sind für Kinder oft recht öde - aber
immerhin lockt Essen, das zu Hause vielleicht nicht jeden Tag auf den
Tisch kommt: Pommes mit Ketchup, Fischstäbchen mit Mayo-Soße, Chicken
Nuggets mit viel Panade, Spaghetti mit Soße. Ernährungsexperten ist
so eine vermeintlich kinderfreundliche Auswahl allerdings ein Dorn im
Auge. Zu viele Kalorien, zu wenig Nährstoffe, pädagogisch nicht
gerade wertvoll. Und das, wo schon 15 Prozent der Kinder und
Jugendlichen in Deutschland übergewichtig sind. Rückendeckung
bekommen sie von der Ministerin für Ernährung, Julia Klöckner (CDU).


Die will nun «jedes kleine Schräubchen» drehen, um Übergewicht auch

bei den Kleinen zu bekämpfen - und zugleich die Gastronomen nicht
vergrätzen. Nachdem vor ein paar Wochen eine Studie für böses Blut
gesorgt hatte zwischen Wissenschaft und Gastwirten, lud Klöckner
beide Seiten ins Ministerium nach Berlin.

Worum es ging: Anfang Februar hatte eine Studie aus Heidelberg und
Mannheim Schlagzeilen gemacht. Rund vier von fünf der knapp 2000
untersuchten Speisen seien aus ernährungswissenschaftlicher Sicht
schlecht für den Körper, hieß es da. Die meisten enthielten zu viel
Fett und Kalorien, wenig Nährstoffe und oft rotes Fleisch. 54 Prozent
der untersuchten Essen enthielten Pommes. Vollkornprodukte?
Fehlanzeige. In der Gastrobranche kam das nicht gut an.

Nach dem 90-minütigen Gespräch am Dienstag blieben die Ergebnisse
allerdings überschaubar. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga
will seine acht Jahre alten Empfehlungen überarbeiten, wie man Kinder
bewirten soll und kann. Wissenschaftler wollen sich genauer
anschauen, was Kinder eigentlich essen wollen, wenn die Eltern nicht
dabei sind, und was Eltern für richtig halten. Außerdem soll es
weitere Gespräche geben - noch in diesem Jahr, sagte Klöckner. Auch
ein Wettbewerb und eine Art Siegel für Restaurants und Gaststätten,
deren Kinder-Angebot vorbildlich ist, sind im Gespräch.

Was es dagegen nicht geben wird, sind neue Vorschriften für Köche und
Gastwirte. «Wir wären nicht in einer Demokratie, wenn wir jetzt
gesetzlich die Art der Speisekarten vorschreiben würden», stellte
Klöckner klar. Eines immerhin hat Klöckner schon erreicht: Experten
und Branchenverband zeigten sich versöhnt. Übergewicht habe natürlich

verschiedene Ursachen, sagte Studienautor Sven Schneider, ein Experte
für Kindergesundheit. Michael Krawinkel von der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) gestand zu, dass ein Besuch im
Restaurant nicht Alltag sei, sondern der Genuss im Vordergrund stehe.

Dehoga-Präsident Guido Zöllick seinerseits zeigte sich einsichtig:
Die Studie habe Dinge zutage gefördert, die die Anbieterseite «gar
nicht so gesehen» habe oder sehen wolle. Es gebe aber «sehr viele»
Unternehmen, die eine «sehr ausgewogene Kinderkarte» hätten. Aber
sein Verband wolle in der Branche «weitere kommunizieren, dass es
natürlich auch ein Stück weit unser Auftrag ist, Menschen an gesunde
Nahrung heranzuführen». Das fange bei den Kleinsten an.

Kritik kam von einer Vorgängerin Klöckners im Ministerium,
Ex-Agrarministerin Renate Künast von den Grünen. Der Vorstoß gehe am

Problem vorbei, sagte sie. «Verbindliche Qualitätsstandards» für
Verpflegung etwa in Kitas und Schulen, mehr Ernährungsbildung, eine
Begrenzung der an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel und eine
neue Nährwert-Kennzeichnung für Fertigprodukte brächten «tausendmal

mehr» als unverbindliche Initiativen für gesündere Kinderteller.