30 Jahre nach «Exxon Valdez»-Ölpest: Alaska spürt Folgen noch immer Von Christina Horsten, dpa

Es war die bis dahin schwerste Ölkatastrophe in der Geschichte der
USA: Vor 30 Jahren lief der Tanker «Exxon Valdez» vor Alaska auf ein

Riff und schlug leck. Rund 40 000 Tonnen Öl verseuchten die Küste -
noch heute gibt es Spuren.

Anchorage (dpa) - Auf den ersten Blick wirkt alles wie früher:
Leuchtend weiße Eisberge schwimmen im dunkelblauen Meer, in den
Wellen lassen sich Seeotter treiben. Aber hinter der scheinbaren
Idylle des Prinz-William-Sund vor der Küste Alaskas verbergen sich
immer noch Spuren einer der größten Umweltkatastrophen in der
Geschichte der USA. Am Sonntag (24. März) vor genau 30 Jahren rammte
der US-Tanker «Exxon Valdez» dort das Bligh-Riff und schlug leck.
Rund 40 000 Tonnen Rohöl liefen aus und verseuchten einen rund 2400
Kilometer langen Küstenstreifen.

Von dem Öl des Frachters «Grande America», der vor wenigen Tagen vor

der französischen Atlantikküste gesunken ist, erwarten Experten
dagegen weniger schlimme Auswirkungen. Er enthielt nach Medienangaben
rund 2200 Tonnen Schweröl und hatte Container und Fahrzeuge
transportiert. Die französische Küste könnte zumindest in den
nächsten Tagen von einer Ölpest verschont bleiben, hatte die
zuständige Seepräfektur Anfang der Woche mitgeteilt. Weil sich das
Wetter verbessert habe, hätten die Einsatzkräfte viel effektiver
arbeiten können.

Am 24. März 1989 ist es kurz nach Mitternacht, als der mit 163 000
Tonnen Rohöl aus der Trans-Alaska-Pipeline beladene Tanker auf dem
Weg nach Kalifornien bei ruhiger See auf das Riff läuft. Der Kapitän
schläft, er hat einem weniger erfahrenen Offizier das Kommando
überlassen. Die Gegend ist schwer zugänglich, nur per Flugzeug,
Hubschrauber oder Schiff erreichbar, darum gestaltet sich der
Noteinsatz schwierig. Die Folgen des Unglücks sind dramatisch: Die
Fischerei kommt zeitweise zum Erliegen. Viele Familien, ganze Orte
stehen vor dem Ruin. Der Ölkonzern Exxon wird mit Klagen überzogen
und muss schließlich Milliarden für Säuberungen, Schadenersatz und
Geldbußen zahlen.

Viele neue Regelungen und Vorsichtsmaßnahmen werden danach
eingeführt: In der Gegend sind nur noch doppelwandige Öltanker
zugelassen, zudem müssen die Schiffe von mehreren Schleppern
begleitet werden. Das Bligh-Riff ist mit einem Warnlicht markiert.

Besonders dramatisch - und bis heute spürbar - sind die Folgen für
die Natur im Prinz-William-Sund, vor dem Unglück eines der
unberührtesten und artenreichsten Ökosysteme der USA. Rund 250 000
Seevögel und tausende weitere Tiere sterben an den Folgen der Ölpest,
darunter Seeotter, Robben, Grauwale und Pazifische Heringe. Die
Auswirkungen der Giftstoffe machen sich bis heute bemerkbar: Vor
allem in den Sedimenten der Uferzonen lagern Rohölreste, Forscher
untersuchen die Gegend nach wie vor intensiv.

«Ein wichtiger Faktor ist das verbleibende Öl», sagte der
Wissenschaftler Jeffrey Short, der im Auftrag der US-Regierung die
Untersuchungen nach dem Unglück leitete, kürzlich dem Lokalsender
KTUU. «Wir haben herausgefunden, dass das Öl an den Küsten viel
länger blieb als irgendwer vermutet hatte. Deswegen gab es
langanhaltende Auswirkungen, denn die Tiere wurden dem immer wieder
ausgesetzt.»

Einige Bestände wie die der Seeotter haben sich weitgehend erholt.
Andere wie die Pazifischer Heringe, Lachse und Orcas noch nicht. «Die
Erholung von Arten, die sehr sensibel in Hinblick auf die
Langzeiteffekte von Ölverschmutzungen sind, kann Jahrzehnte dauern»,

sagt Forscherin Brenda Ballachey, die vor rund fünf Jahren eine
Bestandsaufnahme im Prinz-William-Sund gemacht hat.

Das «Exxon Valdez»-Unglück schockierte Menschen weltweit und brannt
e
sich ins Gedächtnis ein - wurde aber schon einige Jahre später von
einer anderen Öl-Katastrophe übertroffen: 2010 explodiert die
Ölplattform «Deepwater Horizon» im Golf von Mexiko. Fünf Monate lan
g
sprudeln insgesamt rund 780 Millionen Liter Öl ins Meer - ein
Vielfaches der bei der «Exxon Valdez» ausgelaufenen Menge.