Ärzte drohen mit Warnstreiks an 500 kommunalen Kliniken

Patienten an den kommunalen Krankenhäusern in Deutschland müssen sich
auf die Verschiebung von Operationen und anderen Behandlungen
einstellen. Der Tarifstreit um die Klinikärzte ist eskaliert.

Berlin (dpa) - Die Patienten der 500 kommunalen Krankenhäuser müssen
in den kommenden Wochen mit Warnstreiks von Ärzten rechnen. Die große
Tarifkommission der Ärztegewerkschaft Marburger Bund erklärte die
Tarifverhandlungen für rund 55 000 Mediziner am Samstag in Berlin für
gescheitert, wie der Marburger Bund mitteilte. Warnstreiks seien ab
sofort möglich. Allerdings müssten für die Arbeitskampfmaßnahmen er
st
noch Vorbereitungen getroffen werden. Unter anderem könnten
Operationen verschoben werden.

Zugleich bereite der Marburger Bund eine Urabstimmung unter den
Mitgliedern über reguläre Streiks vor. «Wir haben auf eine Einigung
am Verhandlungstisch gesetzt», sagte der Vorsitzende des Marburger
Bunds, Rudolf Henke. Das Angebot der Vereinigung der kommunalen
Arbeitgeberverbände (VKA) sei aber als Versuch zu verstehen, den
Ärzten die Selbstachtung zu nehmen. «Deshalb muss jetzt der Druck
erhöht werden.» Sichergestellt seien aber ausreichend Notdienste.

Der Marburger Bund fordert fünf Prozent mehr Geld sowie Begrenzungen
von Bereitschaftsdiensten, unter anderem durch mindestens zwei freie
Wochenenden im Monat. Die Arbeitszeit müsse zudem manipulationsfrei
erfasst werden. Die VKA hatte laut Marburger Bund bei der dritten
Verhandlungsrunde am vergangenen Mittwoch nur 1,4 Prozent für 2019
und 0,83 Prozent für 2020 angeboten. «In allen für uns entscheidenden

Punkten standen die Arbeitgeber auf der Bremse», sagte Henke.

Die Gewerkschaft warf der VKA zudem vor, sich einer rechtlichen
Absicherung für ihre Tarifverträge zu verweigern. Hintergrund ist das
2015 beschlossene Tarifeinheitsgesetz. In einem Betrieb soll demnach
nur der Abschluss der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern
gelten. Der Marburger Bund betonte, mit der Gewerkschaft Verdi habe
man sich längst verständigt, dass der Tarifvertrag der jeweils
anderen Gewerkschaft nicht verdrängt werden soll. Auch Verdi hat
viele Mitglieder in den Kliniken, in denen auch der Tarifvertrag für
den öffentlichen Dienst zur Anwendung kommt.

Beim Marburger Bund fürchtet man, dass mit der VKA erstmals
Arbeitgeber vor Gericht die Feststellung der Gewerkschaftsmehrheit
beantragen könnten. Die VKA hingegen versicherte, der Marburger Bund
sei für sie die zuständige Gewerkschaft für die Krankenhausärzte.

2006 war der Marburger Bund teils fast täglich in den Schlagzeilen,
als die Klinikärzte mit einem Streik für mehr Geld und bessere
Bedingungen kämpften. Es war der erste Ärztestreik in Deutschland
seit Jahrzehnten.