Ungeimpften Kindern droht Schulausschluss nach Masernausbruch

Nach einem Masernausbruch an einer Schule in Hildesheim greifen die
Behörden zu einer drastischen Maßnahme. Ungeimpfte Kinder dürfen die

Schule zum eigenen Schutz nicht mehr besuchen. Dies soll eine weitere
Ausbreitung verhindern.

Hildesheim (dpa/lni) - Nach einem Masernausbruch an einer
Gesamtschule in Hildesheim droht ungeimpften Kindern zu ihrem eigenen
Schutz der Schulausschluss. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes
überprüften am Freitag die Impfpässe aller 26 Klassen und auch die
der Lehrer, wie der Landkreis mitteilte. Die Eltern waren zwei Tage
zuvor informiert worden. Etliche Kinder hätten ihren Impfpass dennoch
nicht dabei gehabt und hätten diesen zu Hause holen müssen. Wer bis
zum Montag seinen Impfschutz notfalls auch über eine Blutuntersuchung
beim Arzt nicht nachweisen kann, darf die Schule vorerst nicht
betreten. Am Freitag konnten 510 Schüler und Lehrer einen Schutz
nachweisen, das sind 73 Prozent der Betroffenen. In 190 Fällen gab es
den Hinweis, den Nachweis bis Montagnachmittag vorzulegen.

Wie das Gesundheitsministerium in Hannover mitteilte, muss die Schule
in Absprache mit der Kreisgesundheitsbehörde eine rechtliche Abwägung
vornehmen zwischen der Schulpflicht und dem Schutz der Kinder vor
einer ansteckenden Krankheit. Auch ohne eine Impfpflicht in
Deutschland gehe es darum, eine weitere Ausbreitung der
hochansteckenden und für ungeimpfte Menschen gefährlichen Krankheit
zu verhindern. Es werde nach einem standardisierten Prüfungsverfahren
verfahren, wie es bei einem Masernausbruch in einer
Gemeinschaftseinrichtung vorgesehen ist, ergänzte der Landkreis.

Seit Jahresbeginn sind in Niedersachsen mehr Menschen an Masern
erkrankt als im gesamten Vorjahr. Nach Angaben des
Gesundheitsministeriums wurden seit Anfang Januar 26 Masernfälle
registriert, im Jahr 2018 gab es 18 Fälle. Die Mehrheit der
Erkrankten in diesem Jahr gab es mit 17 Fällen im Kreis Hildesheim.
Zweimal bereits war jeweils ein Schüler an einer Schule erkrankt,
wonach Kontaktpersonen im Umkreis kontrolliert wurden. Es kam in den
Fällen aber nicht zu einer weiteren Ausbreitung der Krankheit.

Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) riet allen Menschen, ihren
Impfstatus zu überprüfen und bei Bedarf Impfungen nachzuholen. «Die
aktuell aufgetretenen Masernfälle in Niedersachsen zeigen die große
Bedeutung eines ausreichenden Impfschutzes in der Bevölkerung», sagte
sie. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) appellierte an die
Eltern: «Wer auf den Impfschutz verzichtet, gefährdet seine Kinder
und die Kinder anderer.»

Masern sind sehr ansteckend für nicht geimpfte Personen. Das Virus
wird als Tröpfcheninfektion beim Sprechen, Husten oder Niesen
übertragen. Eine Infektion verursacht hohes Fieber, Husten,
Entzündung der Augenbindehaut und Hautausschlag. Die Krankheit kann
schwerwiegend verlaufen. Als lebensbedrohliche Komplikation kann eine
Gehirnentzündung auftreten.

Zwar ist die Zahl der Masernfälle in Deutschland nach Angaben des
Robert-Koch-Instituts zuletzt von 929 Fällen 2017 auf 543 Fälle im
vergangenen Jahr zurückgegangen. Doch in Europa musste das Ziel, die
Masern bis 2020 auszurotten, kassiert werden. Die Zahl der
Masernerkrankungen in der Region vervielfachte sich von 5273 im Jahr
2016 auf 23 927 im Folgejahr. Die Rückkehr vermeidbarer Krankheiten
in Europa sei «ein Weckruf» und verlange «rasches Handeln», fordert
e
die Weltgesundheitsorganisation WHO.

Auch in Deutschland beklagen Experten eine zunehmende Impfmüdigkeit.
Manchmal seien Eltern einfach nachlässig oder vergessen vorgesehene
Impfungen. Andere zweifelten am Sinn der Impfungen, weil sie die von
ihnen verhinderten Krankheiten zu Lebzeiten selbst nie gesehen haben.
Eine dritte Gruppe wiederum wehre sich gegen Impfungen, weil sie ohne
solide wissenschaftliche Belege Nebenwirkungen befürchten oder deren
Wirksamkeit anzweifeln. Andererseits entschied sich vor kurzem eine
private Kita in Essen, nur noch Kinder mit Impfschutz gegen gängige
Krankheiten wie Masern, Mumps und Röteln aufzunehmen.